Speiseeis

Hätten Sie gedacht, dass das Speiseeis insgesamt zweimal nach Europa gebracht werden musste, bevor es seinen endgültigen Durchbruch erlebte? Und dass dazwischen ungefähr 600 Jahre lagen? Wann kamen die Sahne und die Milch ins Spiel? Waren es wirklich die Italiener, die dem Eis zum internationalen Erfolg verhalfen? Und wissen, Sie, was ein Hokey Pokey war? Hier gibt’s die Infos.

Die hatten wohl einen an der Waffel

Auf so eine blöde Idee muss man nicht nur erst mal kommen – man muss sich ihre Umsetzung auch leisten können. Der indische Kaiser Ashoka (304–232 vor Christus) zum Beispiel war dermaßen versessen auf Speiseeis, dass er regelmäßig Boten zu den Ausläufern des Himalaja schickte. Die versorgten seine Köche mit frischem Gletschereis, das dann mit Fruchtmus vermischt zu einer Art Sorbet verarbeitet wurde. Und die römischen Kaiser fanden es später dann auch ausgesprochen schick, ihre Schnellrenner in den Apennin zu schicken, um dort ein bisschen Eis für ein ganz ähnliches Rezept abzuholen. Und nur, damit Sie eine Vorstellung bekommen, was für ein Wahnsinn das gewesen ist: Der Herrschersitz des indischen Kaisers lag um die 140 Kilometer vom nächstverfügbaren Eis entfernt und vom Apennin nach Rom waren es schlappe 200 Kilometer.

Die chinesischen Herrscher dagegen, die ohnehin als die Speiseeis-Urväter gelten, waren da schon wesentlich schlauer, obwohl sie viel früher auf den Geschmack kamen, und ließen kurzerhand große Eislager errichten, in denen das Wintereis gut gekühlt den ganzen Sommer überstand.

Willkommen in Europa!

Es waren wohl die Römer, die Speiseeis in Europa populär machten, nachdem sie es erfolgreich den Griechen abgeguckt hatten – allerdings ging mit dem Untergang des römischen Reiches auch das Wissen über die kühle Köstlichkeit erst mal wieder verloren. Erst viele Jahrhunderte später waren es dann ausgerechnet die Kreuzfahrer, die das Rezept für „Scherbet“ (das klingt schon sehr nach „Sorbet“, finden Sie nicht?) aus Arabien mitbrachten, und so begann dessen Siegeszug so ungefähr ab 1100 nach Christus.

Allerdings sprechen wir bislang immer nur über sorbetähnliche Rezepturen: Bis die ersten Rezepte für Milch- oder gar Sahneeis ins Spiel kamen (witzigerweise in Deutschland!), sollte es noch ein paar Hundert Jahre dauern, nämlich bis gegen Ende des 16. Jahrhunderts. Und während sich ausgerechnet Italien noch ein bisschen Zeit ließ, bevor es seine große Leidenschaft und die perfekten Herstellungsmethoden für Speiseeis entdeckte – das war so gegen 1700 –, eröffnete 1686 in Paris das „Café Procope“, das bereits Speiseeis auf der Karte hatte (immerhin war der Gründer Italiener, das mildert den historischen Schock für alle Eisliebhaber vielleicht ein bisschen ab).

Willkommen in der Welt!

Vom Café zum Straßenverkauf bis zur ausschließlich dem Eis gewidmeten „Gelateria“ war es dann nur noch ein kurzer Weg: 1770 eröffnete das erste Eiscafé in New York und 1799 kam der Trend in Hamburg an. Das berühmte Eis zum Mitnehmen, die Portion auf die Hand zum Weiterschlendern, setzte sich übrigens gegen 1870 ausgerechnet in Großbritannien durch – hier waren es (endlich!) italienische Emigranten, die auf die clevere Idee gekommen waren, ihr Eis in kleinen Pappschalen für kleines Geld aus ihren kleinen fahrbaren Ständen heraus an die kleinen Leute zu verkaufen. Und weil der italienische Begriff für „hier – ein bisschen“ „ecco un poco“ lautet, wurden die dann schwer ins Englische gezogenen „Hokey-Pokey-Men“ schnell zum weltweiten Synonym für die fliegenden Eisverkäufer. In Neuseeland, in Japan und im pazifischen Raum gibt es noch heute ein Milcheis-Rezept, das „Hokey Pokey“ heißt.

Rührend!

So erfrischend und lecker all die Sorbets und Wassereis-Spezialitäten auch sein mögen – gegen die klassische Eiscreme auf Milch- und Sahnebasis haben sie heutzutage keine Chance mehr. Vor allem dann nicht, wenn das Eis gut gemacht wird und sich entsprechend möglichst wenige im Mund spürbare Eiskristalle in der Masse befinden (allerdings gibt es auch Liebhaber und Fachleute, die genau das besonders schätzen). Um die Kristallbildung zu vermeiden, wird die bereits fertig angemischte Grundmasse während des Abkühlungsprozesses in Eismaschinen pausenlos gerührt und vom Rand des Gefäßes abgelöst: So entstehen mehr Luftbläschen und das Wasser hat – auch weil in der Grundmasse reichlich Fett und Emulgatoren zum Einsatz kommen – kaum noch eine Chance, sich zu größeren Kristallen aufzubauen.

Wie bitte? Im Ernst?

Neben dem typischen Emulgator (das kann auch das Lecithin sein, das im Eigelb enthalten ist) wird der Eismasse zur Konsistenzoptimierung und zur Vermeidung von Eiskristallbildung oft noch ein Stoff mit der Abkürzung „CMC“ beigemischt. Das könnte uns eigentlich egal sein, weil CMC als lebensmittelneutral gilt, aber vielleicht interessiert es Sie ja, dass „Carboxymethylcellulose“ ursprünglich als Tapetenkleister erfunden wurde und auch heute als Basis zur Herstellung von Tapetenleim hergenommen wird.

Seltsam …

Zum Schluss kommen jetzt noch ein paar erstaunliche Zahlen für Sie: Das Land mit dem höchsten Pro-Kopf-Verzehr ist ausgerechnet Finnland (ca. 14 Liter pro Jahr), gefolgt von Schweden (11 Liter) und Dänemark (10 Liter). Deutschland belegt mit etwa 8 Litern pro Kopf pro Jahr Platz vier noch vor Italien, Spanien, Frankreich und Portugal. Dabei würde man eigentlich doch erwarten, dass Eis besonders in wärmeren Gebieten populär ist und nicht ausgerechnet da, wo die Temperaturen sowieso regelmäßig ins Bodenlose sinken und die Winter besonders lang und streng sein können. Na ja.

Gut zu wissen!

Cremeeis, Eiercremeeis: Mindestens 50 % Milch und auf einen Liter Milch mindestens 270 g Vollei oder 90 g Eigelb. Kein zusätzliches Wasser.

Sahneeis, Rahmeis: Milchfettanteil von mindestens 18 Prozent aus der verwendeten Sahne (geschlagen oder flüssig), die in der Eismaschine beim Gefrieren aufgeschlagen wird, teilweise auch mit Eigelb. Durch seinen hohen Fettgehalt ist es besonders cremig und aromatisch.

Milcheis: Besteht im Wesentlichen aus Milch (mindestens zu 70 %), die mit Zuckersirup gesüßt und mit Fruchtmark oder anderen Zutaten aromatisiert wurde. Das heute übliche Speiseeis ist meist Milcheis.

Eiscreme: Mindestens 10 % Milchfett. Meist industriell gefertigt.

Fruchteis: Fruchtanteil mindestens 20 %, bei Zitrusfrüchten mindestens 10 %.

Fruchteiscreme: Mindestens 8 % Milchfett und deutlich wahrnehmbarer Fruchtgeschmack. Meist industriell gefertigt.

(Frucht)-Sorbet: Fruchtanteil mindestens 25 %, bei Zitrusfrüchten 15 %. Milch oder Milchbestandteile werden nicht verwendet.

Wassereis: Weniger als 3 % Fett, mindestens 12 % Trockenmasseanteil aus geschmacksgebenden und/oder süßenden Zutaten.

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