Bärlauch

Wild und stark – aber Bären? Das so ziemlich einzige Problem mit dem Bärlauch ist, dass keiner so recht zu wissen scheint, woher er diesen seltsamen Namen hat. Gut, er ist wild, kommt nach dem Winterschlaf wieder an die frische Luft und ist auch ganz schön kräftig. Allerdings wird er auch in Ländern und Gegenden so genannt, wo es überhaupt keine Bären gab oder gibt. Aber egal. Wir sehen uns erst mal einen sehr berühmten Garten an, treffen einen liebeslustigen Kurfürsten und machen uns ein bisschen besser mit dem köstlichen Kraut vertraut.

Andere Zeiten …

Zu Zeiten des Barocks und auch noch bis weit in den Klassizismus hinein war es an den Höfen, Residenzen oder Schlössern des (Hoch-)Adels üblich, dass sich der jeweilige Regent oder auch die Regentin besonderer Privilegien erfreute. Hierzu zählten selbstverständlich Geld, Macht und Einfluss, aber auch in Sachen Lust und Liebe hatte man schon gewisse Handlungsspielräume. Natürlich war man in den allermeisten Fällen verheiratet, um aus dieser einen offiziell abgesegneten Quelle einen oder mehrere amtlich verbriefte Erbfolger schöpfen zu können, die total plausibel in Büchern, Annalen, Stammbäumen und dergleichen auftauchten und so zuverlässig den Fortbestand von Geschlecht und Herrschaft sicherten. Gleichzeitig war damit aber keineswegs gesagt, dass man sich über diese politisch-biologische Pflichterfüllung hinaus nicht auch noch anderweitig schwer amüsieren konnte.

Die Gemahlin war also das eine, eine oder mehrere sich gleichzeitig im Einsatz befindende Mätressen waren aber absolut normal – und wenn es hin und wieder noch ein bisschen mehr Abwechslung sein durfte, dann stand auch die eine oder andere Hofdame zur Verfügung. Nicht falsch verstehen: Das wollen wir natürlich keinesfalls gutheißen und haben heute eine ganz andere Sicht auf die Dinge. Damals war das aber einfach so. Wir wollen diesen Aspekt auch nur deshalb streifen, weil wir gleich einem berühmten Kurfürsten begegnen werden, der uns einen unterhaltsamen Einstieg in das Thema Bärlauch ermöglichen soll.

Erbschaftsangelegenheiten

Karl Theodor erblickte 1724 auf Schloss Drogenbos bei Brüssel das Licht der Welt (und wir dürfen uns darüber freuen, dass die Residenz wirklich nur mit einem „s“ geschrieben wird). 1742 wurde er als Karl IV. Pfalzgraf und Kurfürst von der Pfalz und ab 1777 war er als Karl II. auch Kurfürst von Bayern. Er war also mit ganz schönen Kompetenzen ausgestattet und auch heute noch gilt seine Regierungszeit als enorm einflussreich (im positiven Sinn) auf die kulturelle, ökonomische und infrastrukturelle Entwicklung des süddeutschen Raumes in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts.

Ein Herrscher mit solchen Machtbefugnissen musste alles Menschenmögliche unternehmen, um seine Blutlinie aufrechtzuerhalten, sprich: zumindest einen legitimen Nachfolger zeugen. Das gelang Karl Theodor scheinbar auch, als am 28. Juni 1761 im Schloss Schwetzingen bei Mannheim ein kleiner Junge geboren wurde, allerdings starb das Kind schon am folgenden Tag. Der überaus betrübte Vater zeigte auch in dieser Situation Klugheit und Weitblick und sorgte in den Folgejahren dafür, dass ein Entbindungsheim mit angeschlossener Hebammenschule gegründet wurde, um solcherlei Schmerz und Trauer von anderen Eltern möglichst fernzuhalten.

Der Ehe entsprangen keine weiteren Kinder, ebenso einer zweiten, und die zahllosen unehelichen Nachkommen, die er in die Welt gesetzt hatte, blieben in der Folge politisch bedeutungslos. Somit ging Karl Theodors Linie mit ihm zu Ende.

Heiß erwischt

Auf jeden Fall verbrachte der gute Karl Theodor seine Sommer sehr gerne in Schwetzingen mit seinem gewaltigen Schloss und seinen noch gewaltigeren Prunkgärten (deren Bau unter ihm vollendet und abgeschlossen worden war) und amüsierte sich dort nach Herzenslust und allen Regeln der Kunst. Zu dumm nur, dass seine derzeitige Hauptmätresse ihn sozusagen in flagranti mit einer einfachen Hofdame im Garten erwischte, beleidigt und wenig überraschend wohl auch ziemlich eifersüchtig war und auf nachhaltige Rache sann.

Sie überredete den Hofgärtner dazu, reichlich Bärlauch im gesamten Park zu säen, „weil der so schön früh im Jahr so schön blühte und des Kurfürsten Auge ganz bestimmt entzücken würde“. Natürlich wusste sie erstens, dass Bärlauch nun mal ziemlich stark nach Knoblauch duftet – und vor allem, dass der Kurfürst Knoblauch hasste wie die Pest. Und tatsächlich tauchte Karl Theodor in den Folgejahren immer erst dann in Schwetzingen auf, wenn der Bärlauch seine natürlich-botanischen Aktivitäten bereits wieder eingestellt hatte. Rache ist nun mal süß …

Natürlich stimmt diese Geschichte nicht und ist wohl frei erfunden, weil Bärlauch seit jeher auf dem Gelände des Schlossgartens wuchs, blühte und gedieh. Die Fremdenführer erzählen sie aber trotzdem gerne, weil sie irgendwie so menschlich klingt – und weil es einfach manchmal ganz schön kräftig riecht in einem der schönsten Gärten der Welt.

Frühlauch Bärlauch

Bärlauch liebt schattige, feuchte und humusreiche Auwälder und Laubwälder und gedeiht gut an Sträuchern oder an Bächen. Er ist auch ein sogenannter Nährstoffzeiger, der tiefgründige und humose, lockere, anhaltend feuchte Böden schätzt (und genau so war die Landschaft, auf der später der Schwetzinger Schlosspark angelegt wurde, von Natur aus beschaffen – der Bärlauch war deutlich vor dem Kurfürsten da).

Seine Blätter treiben schon ab März zuverlässig aus, seine Blüte erlebt der Bärlauch meist im April und Mai. Weil mit der Blüte aber auch die Energie der Pflanze auf diese Kraftanstrengung gelenkt wird, sollten die Bärlauch-Blätter unbedingt noch vor der Blüte, also irgendwann im März und April, geerntet werden, weil sie ansonsten schnell bitter werden.

Sehr schön

Der Grundgeschmack des Bärlauchs ist scharf und intensiv knoblauchartig-aromatisch, und mit dieser Information sei auch gleich auf eine sehr schöne Eigenschaft der Lauchpflanze verwiesen: Ihr Aroma ähnelt zwar stark dem von Knoblauch; weil sich die enthaltene Aminosäure Alliin aber beim Bärlauch etwas anders verhält als beim Knoblauch, entsteht deutlich weniger Allicin, das wir als Knoblauchfahne kennen und fürchten. Bärlauch-Genießer riechen also einfach besser.

Alle Pflanzenteile sind essbar, allerdings werden vorwiegend die Blätter genutzt, oft auch mit den Stängeln, zum Beispiel in Dips, Kräuterbutter, Kräuterquark, Kräuterkäse, als Brotaufstrich, in Pesto oder ganz allgemein in Gemüsegerichten der Frühjahrsküche.

Durch Hitzeeinwirkung werden seine schwefelhaltigen Stoffe verändert, wodurch der Bärlauch ziemlich viel von seinem charakteristischen Geschmack einbüßt (bei starker Hitze, zum Beispiel beim scharfen Anbraten, wird er bitter, also Vorsicht!). Daher wird er meist roh und klein geschnitten unter Salate oder andere Speisen gemischt.

In Knödeln oder Suppen wird er allerdings oft genau deswegen eingesetzt, weil er erwärmt nicht mehr so stark durchschmeckt und trotzdem ein schönes Aroma abgibt. Im Frühjahr kann Bärlauch auch Schnittlauch oder Frühlingszwiebeln ersetzen. Nicht so bekannt ist die Verwendung seiner Knospen zur Herstellung von Antipasti durch Einlegen in Öl, Essig oder Salzlake – Stichwort „Bärlauch-Kapern“.

Gesundlauch

In einem alten Reim wird die Heilwirkung von Bärlauch, die dem von Knoblauch noch überlegen sein soll, wie folgt beschrieben – und damit ist im Grunde schon alles gesagt: „Wenn du im Frühjahr den Lauch isst und den Bärlauch im Mai, dann haben die Ärzte im nächsten Jahr frei.“ Schon die Kelten, Griechen und Römer setzen auf die Heilwirkung des Bärlauchs und auch in den Rezepten der Hildegard von Bingen finden sich Hinweise auf Hilfe bei Verdauungsstörungen, hohem Blutdruck und zur Anregung der Gedächtnisleistung. Außerdem nutzte man seine harntreibende Wirkung und setzte die frischen Blätter der Pflanze zur Entgiftung, Blutreinigung, Wundheilung und zur Behandlung von Hautproblemen ein. Auf den Blutzucker wirkt der Bärlauch regulierend und senkt wohl auch den Cholesteringehalt im Blut.

Bärlauch enthält neben jeder Menge Vitamin C reichlich Mangan, Magnesium und Eisen, Entzündungshemmer und Antioxidanzien.

Für Selbersammler

Trotz der an sich recht leichten Identifikation durch den knoblauchartigen Geruch, der beim Reiben der Blätter entsteht, wird Bärlauch immer wieder mit dem Maiglöckchen, den im Frühjahr austreibenden Blättern der Herbstzeitlosen oder den meist ungefleckten (!) Blättern jüngerer Triebe des Gefleckten Aronstabs verwechselt, die allesamt äußerst giftig sind und bei Genuss tödlich sein können. Außer dem Duft (der erst einmal unverwechselbar ist – allerdings riechen die Hände nach ein paar Versuchen dermaßen intensiv nach Knoblauch, dass danach wohl alles so riecht, was man zwischen den Händen verreibt) ist die Blattunterseite eine gute Möglichkeit zur Unterscheidung des Bärlauchs von den giftigen Maiglöckchen und Herbstzeitlosen: Beim Bärlauch ist die Blattunterseite immer matt, bei Maiglöckchen und Herbstzeitlose immer glänzend.

Ein charakteristisches Merkmal zur Unterscheidung von Bärlauch und Geflecktem Aronstab ist die unterschiedliche Blattnervatur der Pflanzen: Bärlauch-Blätter sind parallelnervig, Blätter des Gefleckten Aronstabs netznervig. Achten Sie auch darauf, dass die Blätter – im Gegensatz zu denen von Maiglöckchen – herunterhängen.

Bärlauch steht zwar nicht unter Naturschutz, doch ist das Sammeln innerhalb von Naturschutzgebieten und/oder Naturdenkmälern nur dann gestattet, wenn die entsprechende Schutzverordnung es zulässt. Im Zweifel besser beim Forstamt nachfragen. Ebenfalls wichtig und gut zu wissen: Die Pflanzenteile dürfen nur für den Eigenbedarf gesammelt werden; eine gewerbliche Nutzung von Bärlauch-Beständen bedarf unbedingt der vorherigen Genehmigung von Behörden und Flächeneigentümer. Ist wohl auch besser so.

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