Beerenobst

Da sind auf der einen Seite wir, die Leute, die ihr Beerenobst überaus schätzen und die genau zu wissen meinen, was eigentlich eine Beere ist, wie sie aussieht und was sie ausmacht. Andererseits sind die Botaniker an ganz schön vielen Stellen vollkommen anderer Ansicht und machen uns Normalsterblichen einen Strich durch die Rechnung. Erdbeeren jedenfalls sind schon mal gar keine Beeren ...

Tja!

Das klingt erst mal alles so einfach mit den Beeren, schließlich weiß ja nun wirklich jeder, was eine Beere ist, welche Beere wie heißt und wie schmeckt und dass sie echt richtig lecker sind. Und wir könnten in diesem unserem kleinen, naiven Beerenobst-Universum auch echt glücklich, bescheiden und in Frieden leben, wenn, ja wenn es da nicht die Botaniker und all ihr definitorisches Fachwissen gäbe.

Die sind nämlich der Meinung, dass eine Beere ganz bestimmte Eigenschaften aufzuweisen habe, sonst sei sie nämlich keine, und dass wir unserer persönlichen Wahrnehmung auf den Leim gegangen und einfach nur zu blöd für das Ganze seien.

Zum Beispiel ist die Banane botanisch gesehen eine Beere, die Erdbeere aber nicht. Zitronen, Kürbisse, Melonen, Auberginen und Tomaten sind Beeren, die Brombeere dagegen nicht. Machen wir uns also das Leben leicht, überstimmen wir die Gelehrten und einigen uns darauf, dass für den Moment und diesen Text hier alles eine Beere ist, was das Wort im Namen trägt und klein, rund und süß ist. Und immer mehrere Samen trägt – so viel Wissenschaft darf dann schon noch sein.

Also los: Lassen Sie uns ein paar unserer liebsten Beeren der Reihe nach etwas genauer unter die Lupe nehmen.

Himbeeren

Himbeerpflanzen mögen es eher frisch, was erklärt, warum sie zum Beispiel in Westsibirien blühen und gedeihen, am Mittelmeer dagegen nicht so sehr. Auch in kühlen Höhenlagen fühlen sie sich wohl, weshalb sie in den Alpen bis auf 2.000 Meter vorkommen, in den warmen Tälern dagegen kaum. Die Pflanze selbst ist mehrjährig (das gilt übrigens für alle Beerengewächse). Die Sprossachsen, also die „Äste“, sterben nach der Fruchtreife ab und die Pflanze wartet unterirdisch aufs nächste Jahr. Da sie ein Rhizom, also einen quasi horizontal in der Erde liegenden Stamm hat, treibt sie bei den richtigen Temperaturen ganz von selbst wieder aus und der Kreislauf beginnt von Neuem.

Auch die Himbeere war bei den Steinzeitleuten beliebt, das antike Altertum nutzte sie dagegen eher als Heilpflanze (vielleicht aber auch nur, weil sie, wie gesagt, im Mittelmeerraum eher selten vorkam). Besonders hübsch ist ihre Namensgebung, denn die althochdeutsche Bezeichnung „Hintperi“ leitet sich von der altnordischen Vokabel „hind“ ab, was „Hirschkuh“ bedeutet. Übersetzt würde die Frucht also „Beere der Hirschkuh“ heißen, was ja nun wirklich nett klingt.

Der herrliche Duft der Beere ist übrigens auf das Himbeerketon zurückzuführen, das dermaßen ausgeprägt das Aroma bestimmt, dass man es auch als „Character-Impact-Verbindung“ bezeichnet.

Erdbeeren

Sie spielen erwiesenermaßen mindestens seit der Steinzeit eine Rolle in der menschlichen Ernährung, auch wenn sie natürlich nur wild vorkamen und ziemlich kleine Früchte trugen. Im Mittelalter war man ganz verrückt nach Erdbeeren, was dazu führte, dass die kleinen, wilden Walderdbeeren gezielt und flächig angebaut wurden, allerdings war die Ausbeute dieser Methode mit dieser Sorte denkbar gering. Groß wurden die Früchte erst, nachdem amerikanische Siedler Mitte des 17. Jahrhunderts neue, große Sorten mit nach Europa brachten, aus denen um 1750 – ausgerechnet in der Bretagne – eine Kreuzung entstand, die schon sehr nahe an unsere heutige Gartenerdbeere herankam.

Was man aus und mit Erdbeeren so alles machen kann, das wissen Sie ja selbst. Interessant dagegen ist noch, dass Erdbeeren nicht klimakterisch sind: Wenn sie unreif gepflückt werden, dann reifen sie nicht nach. Unser Tipp: Waschen Sie Erdbeeren immer erst unmittelbar vor Verzehr oder Verarbeitung. Kommen sie mit Wasser in Berührung, ohne noch an ihrer Pflanze zu hängen, reagieren sie äußerst schnell und verderben rasch.

Brombeeren

Noch so ein Fall für die Botaniker. Genau genommen ist auch die Brombeere keine Beere, sondern eine Sammelsteinfrucht, was uns aber wie gesagt herzlich egal ist, weil wir sie als Beere kennen und lieben – und Schluss. Die Pflanze ist Fluch und Segen zugleich, denn so gut ihre Früchte auch schmecken, wer Brombeeren als ungebetene Besucher im Garten hat, der kann ob dieser invasiven und irgendwie kaum totzukriegenden Pflanze schier den Verstand verlieren. Achten Sie also unbedingt zumindest darauf, dass die sich bogig absenkenden Zweige nicht den Erdboden berühren – sie wurzeln sofort an der Spitze aus und sitzen dann fest in der Erde, von wo sie wunderbar weitersprießen können.

Interessant zu wissen, dass sich eine Brombeere aus zahllosen kleinen Einzelbeeren zusammensetzt, in deren Mitte sich jeweils ein kleiner Kern befindet. Jedes dieser Mini-Beerchen bildet sich aus jeweils einem Fruchtblatt (Fruchtblatt nicht mit Blütenblatt verwechseln!). Später verwachsen sie dann zu einer gemeinschaftlichen Anordnung – daher der Name „Sammelsteinfrucht“.

Die häufigste Brombeerart Europas ist übrigens die „Armenische Brombeere“. Wie ausgerechnet diese es – als immerhin invasive Art – vom Kaukasus bis in unsere Regionen geschafft hat, scheint allerdings ein echtes Rätsel zu sein …

Stachelbeeren

Gewonnen! Endlich mal! Bei der weltweiten Produktion von Stachelbeeren hat Deutschland die Nase vorn: Etwa 50 % der Welternte entstehen hier bei uns, wobei man erstens dazu sagen muss, dass 99,9 % der Erträge ohnehin aus Europa kommen (obwohl es wilde und verwilderte Stachelbeeren nicht nur in Nordeuropa, sondern auch in Nordafrika, Kleinasien im Himalaya und auch in China gibt) und dass zweitens die planetare Ausbeute insgesamt gerade einmal so um die 180.000 Tonnen beträgt.

Stachelbeeren mögen feuchte, kalkhaltige Böden, haben kein Problem mit Schatten und verbreiten sich unabhängig von ihren Früchten, also vegetativ, genauso wie Brombeeren, die ja auch ihre Äste auf den Boden absenken und dann dort neu wurzeln. Stachelbeeren sind randvoll mit Vitamin C, was sie sehr gesund macht.

Die Früchte können je nach Sorte gelb, grün oder tiefrot sein, die Farbe lässt also keinen direkten Rückschluss darauf zu, wann die Beeren bereit zur Ernte sind. Vielmehr ist es ein anderes äußeres Merkmal, an das man sich ganz gut halten kann: Die Beeren sind nämlich anfangs behaart und später dann – eben, wenn sie reif geworden sind – ganz glatt und unbehaart. Wenn also die Erntezeit ansteht, was in unseren Breiten im Juli und August der Fall ist, genügt erst einmal ein prüfender Blick, um einen Säureschock im Mund zu vermeiden.

Johannisbeeren

Sind Sie auf eine kleine Überraschung gefasst? Genau genommen sind Johannisbeeren nämlich allen Ernstes die einzige Gattung aus der Familie der Stachelbeergewächse, was sie zu etwas wirklich Besonderem macht (und das Herz eines jeden Botanikers höherschlagen lässt). Die beiden häufigsten Sorten, die rote und die schwarze Johannisbeere, werden wohl bereits seit dem 15. Jahrhundert kultiviert und es wird davon ausgegangen, dass die meisten heute vorkommenden Arten durch eine unfreiwillige Ausbreitung (aus den Kulturen und Gärten) und entsprechende wilde Kreuzungen entstanden sind.

Sehr berühmt ist natürlich die schwarze Johannisbeere, die „Cassis“, der immerhin ein Ort in Südfrankreich seinen Namen verdankt und ohne deren Sirup ein „Kir Royal“ einfach nicht denkbar wäre. Aber auch ihre rote Schwester macht sich nicht schlecht, denn wem sie roh zu sauer ist oder wer keine Zeit oder Lust zum Einkochen hat, der kann sich immer noch an ihren hübschen Fruchtständen erfreuen und die Pflanze schlicht als Ziergewächs betrachten.

Ihr Name rührt wie gesagt vom „Johannistag“ her, also vom 24. Juni, der nebenbei bemerkt auch das Ende der Spargelsaison bedeutet. Und so ist das weiterhin die wunderbare Natur, weil genau am 24. Juni die ersten Johannisbeeren reif sind und genossen werden können.

Die enge Verwandtschaft macht’s möglich: Durch die gärtnerische Kreuzung aus schwarzer Johannisbeere und Stachelbeere ist die Jostabeere entstanden, deren Name ganz erstaunlich profan ist: Jo steht für Johannisbeere und Sta für – na, was wohl? – die Stachelbeere.

Heidelbeeren/Blaubeeren

Sagt Ihnen der Name Huckleberry Finn noch etwas? Der Freund von Tom Sawyer? Egal! Wichtig ist an dieser Stelle nur die Information, dass Huckleberry die US-amerikanische Bezeichnung für die wichtigste nordamerikanische Heidelbeersorte ist. Warum Sie das interessieren sollte, ist ganz schnell erzählt, denn während die hierzulande heimischen Heidelbeeren bzw. Blaubeeren Finger, Zähne, Zunge, T-Shirt und Lippen recht dauerhaft mit einem hübschen, kräftigen Blauton verschönern, machen die importierten Huckleberrys genau das eben einfach nicht.

Heidelbeerpflanzen sind echt hart im Nehmen – zumindest, was Kälte angeht. Botaniker bezeichnen sie zwar als frostempfindlich, meinen damit allerdings, dass die Pflanze bei Temperaturen unter minus 20 Grad Celsius Probleme bekommt und teilweise absterben kann. Erzählen Sie das mal einer Ananas … Auf jeden Fall sind sie ziemlich gut auf das Leben in nördlichen Breiten eingestellt, ihre Wurzeln reichen bis zu einen Meter tief ins Erdreich und wenn im Winter eine Schneedecke auf ihnen liegt, halten sie locker auch Temperaturen von minus 50 Grad oder noch weniger aus.

Noch mal kurz zurück zur Färbekraft der Beeren: Der hierfür verantwortliche Stoff heißt Anthocyan und das könnte uns wirklich total egal sein, wenn nicht der berühmte römische Schriftsteller Plinius berichtet hätte, dass der Farbstoff der Heidelbeere zum Färben der Gewänder von Sklaven verwendet wurde. Diese Römer aber auch …

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