Jakobsmuscheln

Die meisten Muscheln setzen ja eher darauf, sich einmal niederzulassen und dann möglichst für immer an ihrem Wohnort zu bleiben. Die Jakobsmuschel dagegen sieht die Sache entschieden anders und erfreut sich ihrer erhöhten Mobilität. Manchmal werden die Weichtiere auch Pilgermuscheln genannt, aber das hat ganz sicher nichts damit zu tun, wie und wie weit sie sich fortbewegen. Sehen wir uns das mal genauer an.

Ganz schön faul

Das haben sich die Muscheln schon ganz gut ausgedacht, wenn man das mal so sagen will: Je weniger Energie man aufwendet, um an Nahrung zu gelangen, desto weniger Nahrung braucht man dann natürlich auch, um existieren zu können. Darum haben sie beschlossen, dass es wohl am besten ist, wenn man einfach auf dem Meeresboden rumliegt und sich die im Wasser herumschwebenden Nährstoffe frei Haus liefern lässt. Sogar ihre Larven machen im Grunde zunächst einmal nichts anderes, als sich in der Strömung treiben zu lassen, damit sie dann, wenn sie alt genug hierfür geworden sind, irgendwo landen und sich fortan so gut wie gar nicht mehr bewegen.

Miesmuscheln und Austern treiben es dabei auf die Spitze, weil sie sich danach überhaupt nicht mehr von der Stelle rühren. Miesmuscheln kleben sich sogar an geeigneten Untergründen fest, damit sie nur ja nicht ihren Wohnort verlieren, Austern verlassen sich da eher auf ihr Gewicht und vielleicht auch ein bisschen auf ihr Glück.

Ganz schön fleißig

Nun liegen sie also so da und machen kaum etwas anderes, als das Meerwasser zu filtern, das ihnen die Nährstoffe liefert. Dabei bringen sie es locker auf 20 (Miesmuscheln) bis 240 Liter pro Tag (Austern), was eine sehr beachtliche Menge ist. Vergleichsweise gut geschützt durch ihre Schale, müssen sie sich nur vor Seesternen, Tintenfischen, dem einen oder anderen Fisch und natürlich den Seevögeln und Fischern fürchten, aber insgesamt geht ihr Minimaxkonzept ganz gut auf.

Und dann gibt es da noch diese besonderen Kammmuscheln, die einen anderen Weg für sich gefunden haben – sei es, weil ihnen sonst langweilig würde, sei es, weil sie dann doch lieber fliehen, wenn Gefahr im Verzug ist, sei es, weil sie sich gerne das eine oder andere Krebstierlein einverleiben möchten. Diese Muscheln verfügen über einen besonders kräftig ausgebildeten Schließmuskel, der es ihnen ermöglicht, ihre Schalen blitzschnell zuzuklappen um sich so mit dem Rückstoßprinzip frei zu bewegen. Gut, das macht sie jetzt nicht gerade zu Streckenläufern oder Distanzwanderern, aber immerhin.

Der seltsame Name

Diese Fähigkeit ist praktisch, kann aber niemals der Grund dafür sein, warum wir sie als Pilgermuscheln oder auch Jakobsmuscheln kennen; die Herkunft ihres Namens muss also woanders liegen. Ohne das jetzt bis in die kleinsten Ecken der Erzählungen und Legenden ausleuchten zu wollen, haben wir eine hübsche Variante für Sie, die zumindest in Teilen erklärt, wie die Muscheln zu ihrem Namen kamen und was das mit dem weltberühmten Jakobsweg und Santiago de Compostela zu tun haben könnte:

Einer der zwölf Jünger Jesu war ein gewisser Jakobus, der sich nach dem Tod seines Herrn und Meisters in den Kopf gesetzt hatte, die iberische Halbinsel zu missionieren. Das gelang ihm eher schlecht als recht und fast hätte er die Aktion abgebrochen, wenn ihm nicht die heilige Mutter Gottes höchstpersönlich erschienen wäre, die ihm so ziemlich das Blaue vom Himmel versprach, wenn er nur weitermachte. Also wanderte er quer durch die Lande – und war trotzdem nicht vom Glück verfolgt. Ein kurzer römischer Schwerthieb und sein Kopf lag neben dem Körper. Er schien sogar derart unbeliebt gewesen zu sein, dass man ihn erst mal gar nicht zu Grabe trug, sondern seinen Leichnam auf ein Boot ohne Mannschaft verfrachtete und dem Meer überließ.

Der seltsame Reiter

Und nun passierte etwas, was die Legende ein bisschen fragwürdig erscheinen lässt, denn auf einmal und sozusagen aus heiterem Himmel machte sich plötzlich ein junger spanischer Adelsmann auf den Weg, um dem toten Jakobus entgegenzureisen und die letzte Ehre zu erweisen. Und wie auch immer er das jetzt geschafft haben mag, stürzte er vom Pferd und drohte dabei im Meer zu ertrinken (hatte er vielleicht ein fliegendes Pferd?). Jakobus’ Geist schien das so nicht hinnehmen zu wollen und rettete den seltsamen Reisenden vor dem Untergang. Als der Reiter später dann patschnass aus dem Wasser stieg, war er über und über mit diesen hübschen, ansehnlich großen Muscheln bedeckt. Das muss so um 44 nach Christus gewesen sein.

Es kam, wie es kommen musste: Die Muscheln wurden Jakobus, der als waschechter Märtyrer natürlich flugs zum Heiligen gemacht wurde, posthum als Erkennungszeichen zugesprochen, der spanische Adelsmann geriet in Vergessenheit, und nachdem Jakobus dann doch endlich mal beerdigt worden war, entstand rund um sein Grab das heutige Santiago de Compostela (das dauerte allerdings noch ein bisschen – so ungefähr 800 Jahre). Und die berühmte Pilgerreise? Na ja, im Grunde war wohl dieser Reiter der erste Mensch, der gezielt zum toten Jakobus reiste und so gesehen als der erste Jakobspilger überhaupt zu gelten hat.

Irgendwie ziemlich naheliegend, dass sich die frühen frommen Leute die Jakobsmuschel als Erkennungszeichen ausgesucht hatten, denn die strahlenförmig verlaufenden Rippen in ihrer Schale sehen schon ein bisschen wie Sonnenstrahlen aus und wer auf der Suche nach dem Licht ist, der findet diese Symbolik natürlich klasse.

Ende Legende

Die Schale ist es selbstverständlich nicht, wonach uns heute verlangt, wir erfreuen uns an dem Muskelfleisch, der Nuss (englisch: Scallop) und am leuchtend orangefarbenen Rogen (französisch: Corail). Alle anderen Weichteile werden sorgfältig gemieden, weil sie sofort zäh und unansehnlich werden, wenn man sie erhitzt. Gut zu wissen, dass der Rogen einen sehr intensiven Meeresgeschmack aufweist, der zwar nicht von jedermann geschätzt, von seinen Freunden dagegen aufs Höchste gefeiert wird.

Pilger- oder Jakobs- oder Große Kammmuscheln sind ganzjährig verfügbar und auch als TK-Produkt ausgesprochen genießbar. Die europäischen Muscheln haben in etwa zwischen Oktober und April Hauptsaison, lassen sich aber das ganze Jahr über aus dem Wasser holen. Wer scharf auf Corail ist, interessiert sich ab August für die Delikatesse.

In der Küche

In der Küche muss man schnell sein, weil frische Jakobsmuscheln sich auch gut gekühlt kaum länger als zwei Tage halten (im Zweifel also lieber einfrieren und später dann im Kühlschrank wieder auftauen). Die Nuss wird gerne sanft (und kurz: ein bis zwei Minuten pro Seite reichen vollkommen aus) angebraten, direkt in der dekorativen Schale gegrillt oder mit Soße gratiniert. Manche Fans essen topfrische Jakobsmuscheln auch roh.

Der Corail kann – ebenso wie die restlichen Teile der Muschel, die beim Garen sofort zäh werden – gut für die Zubereitung eines Muschelfonds verwendet werden. Außerdem, und das ist ein echter Geheimtipp, gibt der Corail Fischsoßen eine besonders aromatische Bindung, wenn man ihn in die köchelnde Soße gibt und kurz püriert.

Frische Muscheln sollten schwer und geschlossen sein. Zum Öffnen legt man die flache Schale nach oben, schneidet mit einem Messer innen an der oberen Schale entlang und klappt dann die flachere Schale hoch. Alle schwarzen Innereien sowie der Bart werden entfernt.

Noch lebende Muscheln weisen eine für Muscheln äußerst seltene Eigenschaft auf, weil ihre Schale nicht komplett geschlossen sein muss, um höchste Qualität zu garantieren. Man sollte nur sicherstellen, dass die Tiere wirklich noch leben, wenn man ihnen zu Leibe rückt – im Zweifelsfall geöffnete Exemplare lieber aussortieren (und beim Fischhändler reklamieren).

In jedem Fall sollte das Fleisch leicht glänzen und nach Meer duften (also nicht nach Fisch riechen). Bedenken Sie auch, dass die Muscheln ihre Nahrung aus dem Meerwasser filtern und dabei einen von der Region abhängigen Geschmack annehmen, der je nach Fanggebiet ausgesprochen unterschiedlich sein kann.

Je nachdem, woher die Muscheln gerade stammen, sollte man sich also nicht darüber wundern, dass sie anders schmecken als beim „letzten Mahl“ – das muss kein Fehler, sondern kann sogar ein Feature sein …

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