Kirschen

Die Steine der Weisen

Um uns den Kirschen auf angemessene Art und Weise anzunähern, müssen wir in der Vergangenheit zurückreisen, und zwar – je nachdem, wofür wir uns mehr interessieren – um ein paar Tausend oder ein paar Hunderttausend Jahre. Aber weil es im Grunde ziemlich egal ist, wo genau wir anfangen, und weil wir ohnehin jeden Zeitabschnitt besuchen werden, fangen wir lieber ganz vorne an.

Steinobst, Steinzeit, Steinobstzeit

Die frühen Steinzeitleute in unseren Breiten hatten es, ja nachdem, wo sie sich gerade hauptsächlich aufhielten, mal etwas leichter und mal schon schwer, sich vernünftig zu ernähren: Einerseits mussten sie als gute Jäger und Sammler ihrer Beute ja nachwandern, um an Fleisch zu kommen, indem sie verschiedenste Tiere töteten (was sich viel leichter anhört, als es in Wahrheit war). Andererseits waren sie extrem davon abhängig, was gerade auf Büschen, Bäumen oder auch in und auf der Erde gerade so reif und essbar war. Das war ziemlich blöd für Aspekt Nummer eins, also das mit dem Folgen der Beutetiere. Schließlich kamen Büsche, Bäume und die Böden ja nicht einfach so mit und außerdem war die pflanzliche Ernährung ein ziemliches Saisongeschäft.

Umso größer war dann natürlich die Freude, wenn man – wir wollen jetzt nicht „zufällig“ sagen, wahrscheinlich planten die Steinzeitleute ihre Wanderschaft entsprechend – zum richtigen Zeitpunkt in eine Gegend kam, in der gerade irgendetwas Nahrhaftes, Leckeres und leicht zu Sammelndes reif und verzehrfertig war. Nüsse waren ausgesprochen populär und beliebt, was bei ihrem Energiegehalt absolut kein Wunder war, aber auch Beeren lockten mit Zucker und Saftigkeit.

Und die Kirschen ebenso, wobei anzumerken ist, dass es sich hierbei um die Wilde Vogelkirsche handelte, die in Westasien und Europa schon weit verbreitet war und aus der erst später, sehr viel später, die Knorpel-, die Herz-, kurzum: die Süßkirsche gezüchtet wurde. Archäologische Funde belegen also, dass Kirschen schon in der Steinzeit mit Genuss und in ziemlichen Mengen verzehrt wurden. Allerdings gilt als historisch erwiesen, dass die ersten Kulturformen der Kirsche, also die gezielt angebauten und gezüchteten Formen, erst ab ca. 800 vor Christus in Kleinasien aufkamen (heute ist das mehr oder weniger Anatolien). Da haben sie sich also wirklich ganz schön viel Zeit gelassen … Ein bisschen später hatten auch die Griechen den Bogen raus und so begann der Siegeszug der gezielt gezüchteten Süßkirschen mehr oder weniger in den Rest der Welt.

Der Römer mit dem feinen Gaumen

Der „Rest der Welt“ war zu dieser Zeit allerdings nicht der gesamte Globus, sondern eher so das, was sich noch ein bisschen später die Römer zu eigen machten – und hier kommt der womöglich erste schriftlich belegte Feinschmecker der Menschheitsgeschichte ins Spiel. Lucius Licinius Lucullus, der von 117 bis 56 vor Christus lebte, war nicht nur ein ziemlich erfolgreicher Militärstratege und Politiker, sein heutiger Ruf eilt ihm vor allem als Genießer voraus, der geradezu sagenhafte Gastmähler ausrichtete und der die Freuden des Lebens entschieden zu schätzen wusste.

Als Feldherr kam er natürlich ganz schön rum mit der Zeit, und irgendwann stolperte er über ein sehr hübsch gelegenes Städtchen namens Giresun im Nordosten der heutigen Türkei am Schwarzen Meer. Wir wissen nicht ganz genau, wie gut sich Lucullus mit Altgriechisch auskannte. Wenn er die Sprache aber konnte, dann hätte er auf jeden Fall gewusst, dass er hier völlig richtig war, weil Giresun in der Antike „Kerasous“ hieß, was auf Griechisch schlicht „Kirsche“ bedeutet (noch heute ist es die Türkei, die mit weitem Abstand vor den USA die meisten Süßkirschen erzeugt, nämlich ca. 650.000 Tonnen vor den USA mit 310.000 Tonnen).

Auf jeden Fall verliebte er sich dermaßen über beide Ohren in das herrliche Steinobst, dass er die Kirschen – also die Pflanzen, die Früchte hätten den Transport nicht überstanden – nach Rom importierte, von wo aus sie sich in den folgenden Jahrzehnten im gesamten Empire bis hin nach Britannien ausbreiteten. Und wundern Sie sich jetzt nicht über die Steinzeitleute: Die hatten sich an der Wilden Vogelkirsche gütlich getan, wohingegen Lucullus auf die bereits kultivierte und gezüchtete Süßkirsche setzte.

Kirsche süßsauer

Verschaffen wir uns einen kleinen Überblick, was ziemlich einfach ist, weil wir ja normalerweise nur zwischen Süß- und Sauerkirschen unterscheiden:

Die SÜSSKIRSCHEN (Prunus avium) stammen von der (Wilden) Vogelkirsche ab. Je nach Festigkeit des Fruchtfleisches wird sie in Knorpel- und Herzkirsche unterteilt, wobei es (wirklich) unzählige Sorten von beiden Arten gibt. Je nach Sorte reicht ihr Farbspektrum von hellgelb über rot bis hin zu schwarz.

Die Knorpelkirsche ist groß und knackig (weswegen sie regional auch Krachkirsche heißt). Da sie sehr aromatisch schmeckt, ist sie besonders für den frischen Verzehr beliebt, wobei sie sich aber auch in Konfitüren, Kuchen und Desserts ganz hervorragend macht.

Die kleinere und weichfleischige Herzkirsche ist auch sehr gut essbar, eignet sich aber ganz besonders als Ausgangsbasis zum Brennen von Kirschwasser.

SAUERKIRSCHEN (Prunus cerasus) teilen sich in Weichseln und Amarellen, wobei Weichseln einen färbenden und Amarellen einen farblosen Saft aufweisen. Die bekannteste Sorte der Sauerkirsche ist wohl die Schattenmorelle (franz. Château Moreilles), deren Frucht dunkelrot ist und säuerlich schmeckt. Sie landet sehr oft in der Schwarzwälder Kirschtorte, in Obstbränden, in Konservengläsern, in Kirschlikör und auch in Pralinen.

Der Geschmack von Sauerkirschen entfaltet sich vor allem beim Garen (und Gären), weswegen sich die Sauerkirsche eher für die Zubereitung von Kompott, Säften, Konfitüren, Kuchen und zum Einmachen eignet als für den frischen Verzehr.

Kirschen sind nicht nur lecker, sondern auch sehr gesund und kalorienarm. In 100 Gramm Süßkirschen sind ca. 60 Kilokalorien enthalten, in 100 Gramm Sauerkirschen rund 50. Kirschen sind reich an Vitamin C, B-Vitaminen und Folsäure. Darüber hinaus enthalten sie zahlreiche Mineralstoffe wie Eisen, Kalium, Kalzium und Magnesium.

Kirschen werden reif geerntet. Da sie nach dem Pflücken nicht nachreifen und weil ihre Schale wirklich dünn ist, sind sie leicht verderblich. In der Regel sind sie nur zwei bis drei Tage im Kühlschrank haltbar, Früchte mit Stiel bleiben etwas länger frisch. Am besten werden sie locker ausgebreitet gelagert, um Druckstellen zu vermeiden.

Süßkirschen sollten nicht unter fließendem Wasser gewaschen werden, da die empfindliche Haut leicht aufplatzt und das Aroma herausgespült werden kann. Es empfiehlt sich, die Kirschen in einer Schüssel mit kaltem Wasser kurz vor dem Verzehr vorsichtig zu waschen. Um das Aroma zu erhalten, sollte der Stiel vor dem Waschen noch nicht entfernt werden. Früchte, die nicht frisch gegessen oder verarbeitet werden, können problemlos samt Kern eingefroren werden.

Apropos Kirschen

Immer wieder kommen auch sogenannte Dachkirschen“ in den Handel. Hierbei handelt es sich aber keineswegs um eine bestimmte Sorte von Süßkirschen, sondern um Früchte aus einem Obstanbau, bei dem die Kirschbäume mit feinen Netzen vor hungrigen Vögeln und auch vor Hagel geschützt werden, was zu besonders schönen und makellosen Früchten führt.

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