Mandeln

Es stellt sich die Frage, was eine Mandel in Wahrheit ist. Doch nicht nur die botanisch-wissenschaftliche Korrektheit interessiert uns in diesem Text – es gibt so einiges über Mandeln und die aus ihr gewonnenen Produkte zu wissen! Und das mit dem Marzipan klären wir bei der Gelegenheit auch gleich mal mit.

Netter Versuch

Wenn man sich die Geschichten so anhört, dann klingen sie erst mal ebenso plausibel wie spannend. Trotzdem entlarven sie sich schnell sozusagen von selbst, wenn man sich die Sache mal etwas genauer ansieht. Die Rede ist vom weltberühmten Marzipan, das entweder in Lübeck oder im damaligen Königsberg erfunden worden sein soll. Der Mythos seiner Entstehung ist ja, dass die Stadt – aus welchen Gründen auch immer – unter einer gewaltigen Hungersnot litt und dass ihre tapferen Bewohner lange standhielten, bis ihre Nahrungsreserven weitestgehend aufgebraucht waren. Nur Mandeln und Zucker gab es noch in ausreichender Menge, sodass man die Mandeln kurzerhand zu Mehl verrieb und reichlich Zucker beimischte, bis man schließlich fertiges Marzipan vor sich hatte.

Echt jetzt?

Nur ist hier tatsächlich ein bisschen Vorsicht geboten: Erstens wird die mehr oder weniger gleiche Geschichte quasi zur gleichen Zeit von zwei völlig verschiedenen Städten berichtet (Lübeck: 1407, Königsberg: 1409) und das einzige verbindende Element wäre, dass beide Städte der Hanse angehörten. Zweitens waren Mandeln damals ausgesprochen teuer und vergleichsweise selten auf dem mitteleuropäischen Markt, weil sie hierzulande so gut wie überhaupt nicht wuchsen und gediehen (außer vielleicht noch in der Vorderpfalz) und darum entweder aus der Mittelmeerregion, aus Westasien (heute Anatolien) oder aus der Levante am östlichen Ende des Mittelmeers herbeigeschafft werden mussten. Zudem war Zucker damals – und da versuchen uns die Geschichten wohl endgültig einen Bären aufzubinden – wenn überhaupt verfügbar, dann geradezu atemberaubend teuer, weil es ihn noch nicht in raffinierter Form gab und auch die riesigen Zuckerrohrplantagen der Karibik zu diesem Zeitpunkt überhaupt noch nicht existierten.

Eine ganze Stadt also mit superseltenen, extrem teuren Zutaten durchfüttern? Na ja …

Ostobst

Viel wahrscheinlicher ist, dass das Marzipan aus Persien stammt (was im Zusammenhang mit der Geschichte des Zuckers ziemlich viel Sinn machen würde), im Mittelalter mit den Arabern nach Spanien gelangte (das „Mazapán de Toledo“ ist noch immer eines der bekanntesten weltweit) und sich dann etwas später über Venedig nach ganz Europa ausbreitete.

Aber das nur am Rande. An dieser Stelle hat uns die Mandel zu interessieren, weswegen hier ein paar grundlegende Fakten und Informationen folgen: Als historisch erwiesen gilt, dass der Mensch seit rund 4.000 Jahren den Mandelbaum kultiviert, die gezielte Nutzung von entsprechenden Wildformen dürfte noch sehr viel weiter zurückreichen. Der Mandelbaum stammt mit hoher Wahrscheinlichkeit aus Südwestasien; seine natürlichen Standorte sind sonnige Hanglagen auf steinigen Böden in einer Höhe von bis zu 1.700 Metern. Die Wildvorkommen reichen von der Levante über Nord- und Ostanatolien, Südkaukasien, Nordirak und Iran bis Südturkmenistan, Kirgisistan und Usbekistan.

Der Kern der Sache

Mandelbäume (Prunus dulcis) können locker eine Höhe von acht bis zehn Metern erreichen und werden bis zu 150 Jahre alt. Die wissenschaftliche Bezeichnung ist interessant, denn übersetzt würde sie „süßer Pflaumenbaum“ bedeuten, was uns unmittelbar zur Klärung eines großen naturwissenschaftlich-botanischen Missverständnisses führt: Mandeln sind nämlich gar keine Nüsse.

Stellen Sie sich der Einfachheit halber einen Apfel, eine Pflaume, eine Mandel und eine Haselnuss vor. Alle verfügen zwar über drei sogenannte „Fruchtwände“, allerdings machen sie unterschiedliche Dinge damit. Die jeweiligen Pflanzen haben ihre Schale (äußere Fruchtwand), dann kommt das Fruchtfleisch (mittlere Fruchtwand) und dann schließlich eine innere Fruchtwand, die den Samen umschließt. Ein Apfel gehört zum Kernobst, weil er in seinem Inneren mehrere voneinander abgegrenzte Kerne enthält. Folgerichtig muss eine Pflaume zum Steinobst zählen, weil sie nur einen einzigen fest eingepackten Samen enthält.

Der – zumindest botanisch gesehen – alles entscheidende Unterschied zwischen Apfel, Pflaume und Mandel einerseits und der Haselnuss andererseits ist nun, dass es ausschließlich die Nuss ist, bei der alle drei Fruchtwände mit der Zeit verholzen und dabei meist nur einen Samen umschließen. Mandeln sind genau deswegen keine Nüsse, weil ausschließlich ihre innere Fruchtwand verholzt: Mandeln zählen zum Steinobst. 

Und wenn Sie sich das nicht vorstellen können oder es so nicht glauben wollen: Junge Mandeln (April-Mandeln) mit ihrer von Natur aus noch weichen äußeren und mittleren Fruchtwand werden im Mittelmeerraum roh oder gekocht wie Gemüse verwendet und mit ihrer „Schale“ gegessen, weil die Verholzung der inneren Fruchtwand zu diesem Zeitpunkt noch nicht eingetreten ist.

Kleiner Steckbrief

Die Art unterteilt sich in verschiedene Varietäten, namentlich Süßmandeln (Prunus dulcis var. dulcis), Krachmandeln (Prunus dulcis var. fragilis) und Bittermandeln (Prunus dulcis var. amara). Süßmandeln und Krachmandeln unterscheiden sich kaum wesentlich im Geschmack, die Krachmandel weist nur eine vergleichsweise dünnere und brüchigere Schale auf. Die Bittermandel schmeckt nicht nur bitter, sie ist auch schon in relativ kleinen Mengen giftig, weil sie den Bitterstoff Amygdalin enthält, der in der Magensäure Blausäure abspaltet.

Mandeln sind reich an Fett und Proteinen und darüber hinaus eine sehr gute Quelle für Vitamin E und vor allem für die B-Vitamine Riboflavin und Niacin. In Sachen Mineralstoffe punkten sie mit Mangan, Magnesium, Phosphor und Kupfer. Auch Ballaststoffe sind in größerem Umfang enthalten. Zudem besitzen sie reichlich einfach und mehrfach ungesättigte Fettsäuren, was sie besonders bekömmlich macht und dem Herz-Kreislauf-System guttut.

Mandel im Handel

Süße Mandeln haben eine zimtbraune, raue Haut, deren Abziehen durch Überbrühen der Mandeln mit kochendem Wasser (Blanchieren) erleichtert wird. Gemacht wird das vorwiegend aus ästhetischen und geschmacklichen Gründen, denn die Haut schmeckt leicht bitter. Wen das nicht stört, der sollte die Haut mitverarbeiten, denn in ihr sind besonders viele sekundäre Pflanzenstoffe enthalten.

Mandeln können roh genossen oder zum Dekorieren oder zum Füllen (zum Beispiel von Oliven) verwendet werden. Außerdem werden Mandeln geröstet und als Rauchmandeln zusätzlich mit Rauchsalz und Gewürzen veredelt. Das bereits erwähnte Marzipan ist eine Mischung aus blanchierten Mandeln, Zucker und Aromastoffen.

Mandeln werden auch zu Mandelmilch und -mehl verarbeitet; Letzteres ist glutenfrei und vergleichsweise kohlenhydratarm. Mandelmilch und auch Mandelcreme werden aus gemahlenen oder zerstoßenen süßen Mandeln durch Mischen mit Wasser und Zucker hergestellt und können verdünnt als kaltes oder warmes Getränk genossen werden. Sie finden auch bei der Zubereitung von Nachtischen, Flan oder Eiscreme Verwendung.

Mandelmus besteht ausschließlich aus gepressten Mandeln und enthält das gesamte Mandelöl sowie sämtliche Ballaststoffe und Eiweiße der Mandel. Zur Kaltpressung wird eine Art Fleischwolf verwendet, das Ergebnis wird anschließend gemixt, um ein cremigeres Endprodukt zu erzielen. Dabei unterscheidet man beim Mandelmus zwischen zwei Sorten: Braunes Mandelmus besteht aus gerösteten Mandeln mit Haut, das weiße Mandelmus ausschließlich aus blanchierten Mandelkernen. Der Anteil an Bittermandeln beträgt dabei nur 1 bis 3 %, weswegen der Geschmack eher mild ausfällt. In der veganen Ernährung findet Mandelmus immer häufiger Verwendung, um Milchprodukte zu ersetzen.

Mandeln werden oft als Zutat in Süßspeisen eingesetzt, in Deutschland beispielsweise im Mandelpudding oder in den italienischen „Amaretti“ (wobei hier auch gerne noch ein gewisser Anteil an Aprikosenkernen enthalten ist). Die „Dacquoise“ aus dem Südwesten Frankreichs besteht aus zwei oder drei luftigen und zugleich knusprigen Tortenböden aus Mandelbaiser, die mit Buttercreme gefüllt werden. „Turrón“ (weißer Nugat) besteht aus Mandeln, Honig, Zucker und Eiklar. Der „Amygdalopita“ ist ein Mandelkuchen aus Griechenland, der aus gemahlenen Mandeln, Mehl, Butter, Eiern und Vanillecreme besteht (und wirklich köstlich schmeckt).

Mandeln sind darüber hinaus in vielen weiteren Gerichten des Mittleren Ostens und Arabiens zu finden. Tahin-Kekse werden aus Sesammus, Mehl, Zucker und Butter hergestellt und mit Mandeln oder Pinienkernen dekoriert. Kabsa und Mansaf sind Gerichte, bei denen Fleisch, Reis, Gewürze und Mandeln als Zutaten verwendet werden. Ein Beispiel ist Pasanda, bei dem das zuvor in einer Marinade aus Joghurt, Chili und vielen Gewürzen eingelegte Fleisch gebraten und mit Tomaten und Mandeln garniert wird.

Eines der ältesten Haupflegemittel überhaupt ist das Mandelöl. Biochemisch ähnelt es stark dem Olivenöl, es enthält vorwiegend einfach ungesättigte Fettsäuren (vor allem Ölsäure, ca. 32 %), die mehrfach ungesättigte Linolsäure (13 %) sowie gesättigte Fettsäuren (10 %). Mandelöl wird durch Pressen aus Süß- und Bittermandeln gewonnen, ist von blasser bis tiefgelber Farbe und verströmt einen angenehmen Geruch, sofern Bittermandeln verwendet werden. Es kommt vorwiegend in der kosmetischen Industrie zum Einsatz, wobei das ätherische Mandelöl ausschließlich aus Bittermandeln (Bittermandelöl) gewonnen wird.

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