Minestrone

Im Grunde müsste unser heiß geliebter Eintopf ganz schön neidisch darauf sein, dass es die Minestrone zu absolutem Weltruhm gebracht hat und er eher nicht. Eigentlich kommt fast dasselbe hinein, die Zubereitung ist ähnlich, da auch hier Gemüsebrühe als Grundlage dient, manchmal findet sich ein wenig Speck: Was ist also passiert? Wir können natürlich nur gewisse Vermutungen anstellen, diese eine Sache allerdings – die mit dem Parmesan – war schon eine geniale Idee.

Die logische Suppe

Manche Gerichte und Rezepte werden mit höchstem Aufwand gedacht und gemacht, viele sind festgeschrieben und unumstößlich definiert – und manche kommen „einfach so“ auf den Teller, weil sie gar keine besondere Rezeptur benötigen und sozusagen einfach nur das verwenden, was man gerade so dahat. Eine der in diesem Sinne folgerichtigsten Suppen überhaupt ist die Minestrone, die seltsamerweise ebenfalls kein einheitliches Rezept kennt, trotzdem zu Italiens Suppe Nummer eins avanciert ist und sich mittlerweile praktisch überall auf der Welt größter Beliebtheit erfreut – so gesehen logisch und gleichzeitig ein bisschen komisch.

Historisch logisch

Wenn man mal darüber nachdenkt, dann sind auch die Wurzeln der Minestrone total nachvollziehbar. Begeben wir uns zum Beispiel so ungefähr ins 2. Jahrhundert vor Christus, dann stellen wir fest, dass zu diesem Zeitpunkt der da noch relativ überschaubare Stadtstaat Rom gerade erst dazu überging, sich den ganzen Rest Italiens unter den Nagel zu reißen, um das mal so salopp auszudrücken. Und natürlich mussten auch damals schon genügend Kalorien auf den Tellern der Bürger landen; das war auch zu den Zeiten, in denen Rom einfach nur Rom war, schon so. Allerdings war Fleisch ziemlich teuer, weswegen man früh auf Gemüse, Getreide und sättigende Hülsenfrüchte – allen voran Linsen und Erbsen – setzte und sich auf diese Weise einen sättigenden, wenngleich auch recht langweiligen Eintopf erkochte.

Mit der Eroberung der verschiedenen Landstriche auf Italiens Halbinsel allerdings wuchs mehr oder weniger schlagartig auch das Angebot an verschiedenen Gemüsen, Kräutern und Zutaten im Allgemeinen, sodass aus der römischen „Einheitspampe“ (die den entsprechend wenig aufregenden Namen „pulte“ oder auch „puls“ trug) eine sehr essbare, da interessante und geschmacklich vielfältigere, Speise wurde. (Die typische Herleitung des Begriffs Minestrone wird oft mit „große Suppe“ beschrieben; geht man aber sprachlich noch ein bisschen weiter zurück, so kann das Wort auch „Mischmasch“ bedeuten, was der Sache ziemlich nahekommt.)

Kulinarisch logisch

Auf jeden Fall packten die Römer und später dann das ganze Römische Reich mit Begeisterung alle möglichen, neu gefundenen Gemüse, Getreide und Hülsenfrüchte zusammen, sodass mit der Zeit nicht nur die kulinarische Vielfalt, sondern mit ihr auch die allgemeine Begeisterung wuchs. Und als dann viel später auch Kartoffeln, Reis und Tomaten verfügbar wurden, baute man sie mit Freude in die jeweiligen Rezepte ein, was noch mal interessanter war.

Eigentlich war der Eintopf also ein sehr einfaches Arme-Leute-Essen, aber mit einem gewissen Wohlstand wagte man schließlich doch den Sprung zu etwas Fleisch, Speck und wertvollem Käse, was eine unglaublich gute Idee gewesen ist.

Ernährungstechnisch logisch

Satt werden auf dem Land war das eine. Bei den Seefahrern dagegen sah die Sache etwas anders aus: Natürlich ließen sich frische Gemüse nur bis zu einem gewissen Grad haltbar machen, was die Ernährung auf Schiffen, die längere Zeit ohne Zwischenstopp unterwegs sein mussten, vor große Herausforderungen stellte. Kein Wunder also, dass ein paar findige Hafenbewohner auf die – wieder ganz logische – Idee kamen, mit kleinen schwimmenden Tavernen und Barkassen im Hafenbecken auf neu einlaufende Schiffe zu warten, deren Mannschaften sich mit Freude über eine ordentliche Portion frischer, kräftigender, schmack- und nahrhafter Suppe – Minestrone – hermachten, bevor sie sich dann später und an Land anderen weltlichen Vergnügungen widmeten. In Genua zum Beispiel waren die schwimmenden Suppenköche praktisch untrennbar mit dem Hafengeschehen verbunden, und auch heute noch zählt die Minestrone Genuese, die – wie könnte es anders sein – mit grünem Pesto veredelt wird und deshalb völlig ohne Speck auskommt, zu den absoluten Rezeptklassikern.

Jahreszeitlich logisch

Als guter Eintopf kommt in eine Minestrone typischerweise das hinein, was gerade saisonal und regional verfügbar war und ist. Im Winter fiel sie also meist herzhafter aus und wurde gerne heiß serviert, im Sommer durfte es etwas leichter sein und durchaus auch kalt auf den Tisch. Zwiebeln, Knoblauch, Sellerie, Lauch, Karotten, Kartoffeln, Tomaten, Bohnen und Petersilie gehören so gut wie immer dazu, alternativ oder in Ergänzung können auch Brokkoli, Zucchini, Spinat, Kürbis, Blumenkohl, Fenchel, Kichererbsen oder Linsen in die Töpfe wandern. Von Region zu Region unterschiedlich werden noch Reis, Nudeln, Auberginen, Pilze oder geröstete Weißbrotscheiben hinzugegeben. Weiter südlich, in den Abruzzen, enthält Minestrone neben Speck gerne auch Schweinskopf – was aber so gut wie alle Varianten miteinander verbindet: Serviert wird die Suppe praktisch immer mit fein geriebenem Parmesan obendrauf.

Küchentechnisch logisch

Es war und ist auch einfach zu gut: Eine anständige Minestrone wird fast immer mit Gemüsebrühe aufgesetzt, was einen großen Vorteil mit sich brachte und auch unheimlich praktisch war. Aus den Schalen, Abschnitten, Wurzeln, Strünken und ganz allgemein den Resten, die bei der Zubereitung der einen Minestrone anfielen, kochte man in einem zweiten Topf gleich die Brühe für den nächsten Tag, vermied also Ausschuss und Abfall und hatte gleichzeitig schon wieder die Grundlage für die nächste Minestrone in petto. Und da Minestrone durchaus als fester Bestandteil einer anständigen italienischen Menüfolge anzusehen ist (erster Gang vor der eigentlichen Hauptmahlzeit), brauchte man auf jeden Fall immer wieder eine.

Sättigend logisch

Was auch immer hineinkommt und wie auch immer eine Minestrone gekocht werden mag, eines ist sie auf gar keinen Fall: niemals eine klare Brühe, eine Bouillon oder eine Consommé. Minestrone kann zwar auch püriert und/oder passiert im Teller landen – typisch sind aber eher die in mundgerechte Stücke geschnittenen (und möglichst auch nur bissfest gekochten) Gemüse, auf die man beißen kann und soll.

Und wie man dann so richtig satt wird, darüber entscheiden letzten Endes die jeweiligen Regionalrezepte bzw. Zutaten: In der klassischen Variante aus Norditalien sind Lauch, Sellerie, Karotten, Erbsen, Wirsing, Kartoffeln und Bohnen wichtige Ingredienzien, ihren würzigen Geschmack erhält die Minestrone – außer wie gesagt in Genua – durch das Mitkochen von Pancetta.

In Ligurien, also weiter südlich, finden sich in der passenden Jahreszeit auch Pilze in dieser Suppe, in der weiter nördlich gelegenen Lombardei wird zur Sättigung Reis beigemischt, und wiederum südwestlich hiervon, in der Toskana, Nudeln (hier gibt man übrigens gerne auch etwas Weißwein in die Minestrone). Weiter südlich, in den Abruzzen, enthält Minestrone neben Speck und Schweinskopf auch Steckrüben und Weißkohl sowie Linsen anstelle von Wirsing und Bohnen. Und in Apulien, also ganz im Südosten, mögen es die Suppenkenner scharf und geben noch reichlich Chili hinzu.

Sie sehen: DIE eine Minestrone gibt es einfach nicht – Hauptsache lecker, weitgehend vegetarisch und vor allem: mit Parmesan.

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