Tafelspitz

Sehr wohl, Euer Majestät!

Franz Joseph I., auch Erzherzog Franz Joseph Karl von Österreich, war Kaiser von Österreich und Gatte der berühmten „Sisi“ (nur ein „s“, das zweite hatte man für die Filme dazuerfunden). Er wurde 86 Jahre alt und seine Regentschaft dauerte 68 Jahre. Wir kommen am Ende noch einmal auf sein Alter zurück, zunächst aber werfen wir einen Blick auf die Wiener Hofetikette.

Wieder nichts

Die war nämlich, selbst gemessen an der englischen, der französischen oder der spanischen, besonders streng. So streng, dass es zum Beispiel den Teilnehmern eines Banketts nur erlaubt war, selber zu speisen, wenn auch der Kaiser das tat.

Nicht schlimm, wenn man sich daran hält? Nun ja, nicht ganz, denn der Kaiser aß immer nur ein paar Bissen, und das dann auch noch sehr schnell. Und weil er natürlich immer als Erster vorgelegt bekam, war es keine Seltenheit, dass die Tischgäste ihre Speisen noch nicht einmal vor sich auf dem Teller hatten und er bereits fertig war.

Die gute Anna

Das war in gewisser Weise ein Problem, vor allem für die zahllosen militärischen Würdenträger und Generäle, die sich in der Regel mit knurrendem Soldatenmagen von der Tafel im „Hotel Sacher“ erhoben und sich fragten, wo sie nun zu vorgerückter Stunde noch etwas zu essen herbekommen könnten.

Zu ihrem großen Glück war da aber Anna Sacher, Betreiberin des gleichnamigen Hotels, und die fasste sich eines Tages – so um 1850 herum – ein Herz: Sie legte ein schönes Stück Rindfleisch in Brühe und köchelte es über Stunden hinweg. Von nun an war es völlig uninteressant, wie lange die kaiserlichen Konferenzen dauerten bzw. wie klein das Zeitfenster für die persönliche Nahrungsaufnahme war, denn nach einigen Stunden konnte das Fleisch in wenigen Augenblicken – auch in größeren Mengen – saftig, zart und heiß serviert werden. Der Tafelspitz war geboren.

Spitze!

So sagt es zumindest die Legende. Unumstößliche Tatsache jedoch ist, woher der Tafelspitz seinen Namen hat. Erstens liegt der an die Hüfte angrenzende Cut sehr weit oben (Tafel) in der Nähe des Schwanzstücks und zweitens weist der Muskel eine spitz zulaufende Form auf.

Markant sind sein ausgeprägter Fettdeckel und sein ansonsten recht mageres Fleisch mit einer sehr schönen Textur. Darüber hinaus ist das Stück von einer sehr kräftigen Bindegewebsschicht umgeben, die verantwortlich dafür ist, dass die Briten den Tafelspitz „Silverside“ nennen und das Fleisch ausschließlich zum Kochen verwenden.

In Irland, Neuseeland und Australien wurde das Stück sogar fast ausschließlich zur Herstellung von Corned Beef verwendet (was eine Schande ist), sodass es selbst heute noch zu einigen Missverständnissen kommen kann, weil diese Nationen das, was wir als „Corned Beef“ kennen, „Silverside“ nennen.

Immer lecker

Man wird diesem guten Stück allerdings nicht ganz gerecht, wenn man es als reines Kochfleisch ansieht und auch immer nur so zubereitet. Wenn ein Tafelspitz nämlich entweder jung (Kalb) oder gut gereift ist, worauf man sich bei südamerikanischen oder US-Cuts so gut wie immer verlassen kann, dann lassen sich auch sehr schöne Steaks daraus schneiden. Der Fettdeckel gibt reichlich Geschmack an das Fleisch ab, das auch beim Grillen eine gute Figur macht. Nur die bereits erwähnte Bindegewebsschicht sollte vor dem Grillen oder Braten sorgfältig pariert werden.

Stichwort gute Figur bzw. hohes Lebensalter: Kaiser Franz Joseph I. entwickelte kurz nach der Erfindung des Tafelspitzes eine erstaunlich anhaltende und offenbar tiefe Verbundenheit zu diesem Gericht und aß es mehrmals in der Woche. Mag es zu Beginn seine besondere Vorliebe für mageres und dabei sehr schmackhaftes Fleisch gewesen sein, so wird im hohen Alter auch die Tatsache eine Rolle gespielt haben, dass es, butterweich gekocht, auch ohne Zähne genossen werden kann.

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