Spanische Tortilla

Für den Fall, dass Sie immer noch der Meinung sind, eine Tortilla de Patatas sei im Grunde nur ein spanisches Bauernomelette, haben Sie zwar – zumindest historisch gesehen – gar nicht so Unrecht. Gleichzeitig gibt es aber mindestens einen gewaltigen Unterschied zwischen der deutschen und der spanischen Delikatesse, den Sie kennen sollten. Sie möchten wissen, welchen? Dann hier entlang!

Ziemlich kompliziert

Wir wollen und werden das an dieser Stelle nicht allzu sehr vertiefen, aber wenn wir Tortilla sagen, dann kommen wir – zumindest nicht, wenn wir über die spanische Variante sprechen – nicht um die Carlisten herum, die vor allem im Nordosten Spaniens ganz schön lange für ziemliches Durcheinander gesorgt haben. Extrem vereinfacht gesagt waren die Carlisten der Meinung, dass die spanische Königin Isabella II. völlig zu Unrecht auf dem Thron säße und stattdessen unbedingt ihr Onkel Carlos María Isidro von Bourbon König hätte sein und werden müssen.

Die Hintergründe für diese „Meinungsverschiedenheit“ ersparen wir Ihnen gerne an dieser Stelle. Merken wir uns der Einfachheit halber, dass wir hier in etwa über das 19. Jahrhundert sprechen, über eine Menge an (um das mal vornehm auszudrücken) kriegerischen Auseinandersetzungen über Jahrzehnte hinweg, dass Spanien in seinem äußersten Nordosten an Frankreich grenzt und dass diese Gegend „Navarra“ heißt.

Ziemlich überraschend

Und genau hier, in Navarra, quartierte sich im ersten der drei Carlistenkriege, also irgendwann zwischen 1833 und 1840, ein carlistischer General mit dem klangvollen Namen Tomás de Zumalacárregui y de Imaz mit seinen Mannen bei einer völlig überrumpelten und wohl auch ziemlich armen Bäuerin ein und verlangte nach einem magenfüllenden, schmackhaften und kräfteweckenden Abendessen. Sich dem Wunsch des Generals zu widersetzen wäre nun ganz sicher keine besonders gute Idee gewesen, das war unserer Bäuerin sehr wohl bewusst, andererseits hatte sie natürlich nicht mit dem „Besuch“ der Herren gerechnet und war dementsprechend alles andere als gut vorbereitet: Außer ein paar Kartoffeln, Eiern, Zwiebeln und Olivenöl hatte sie einfach nichts im Haus.

Ziemlich einfach

Aber es half ja alles nichts und so schritt sie entschlossen zur Tat, schälte, schnitt und – heute würde man vielleicht sagen – confierte Kartoffeln in Olivenöl, gab noch ein paar Zwiebeln dazu und buk das Ganze mit verquirltem Ei und etwas Salz in der Pfanne aus. Señor de Imaz war zufrieden und so hatte eine mittel- und namenlose Bäuerin aus dem nordöstlichen spanischen Krisen- und Grenzgebiet die erste „Tortilla de Patatas“ gekocht. Schöne Geschichte …

Ziemlich früh

Leider kann sie so aber nicht stimmen, weil unser General ja während des ersten carlistischen Krieges bei ihr einkehrte, und der fand nachweislich nun mal zwischen 1833 und 1840 statt. Wogegen ja im Grunde auch nichts einzuwenden wäre, wenn nicht die erste schriftliche Erwähnung der „Tortilla de Patatas“ aus dem Jahr 1817 stammen würde, und zwar (und das ist dann historisch wieder ganz richtig) in einem anonymen Brief an das spanische Parlament, der über die schlechten Lebensbedingungen der navarresischen Bauern berichtet.

Ziemlich wichtig

Aber genug der Haarspalterei; Tortillas sind längst zum spanischen Nationalgericht avanciert, man kann sie sogar fertig und in Folie in jedem Supermarkt bekommen. Daheim werden sie mit einem gewissen heiligen Ernst zubereitet, der so weit geht, dass jeder Haushalt, der etwas auf sich hält, eine eigene Tortilla-Pfanne besitzt, in der wirklich gar nichts anderes zubereitet werden darf.

Dabei ist das Rezept wirklich bestechend einfach, weil im Grunde auch bis heute nur Kartoffeln, Zwiebeln, Eier und Salz reinkommen (in Madrid geben sie noch eine Extraportion Zwiebeln dazu und gerne auch ein bisschen Knoblauch, in Katalonien nehmen sie fast ebenso viel Knoblauch wie Zwiebeln). Natürlich existieren auch opulentere Varianten mit Gemüse, Fisch, Wurst oder auch Käse, aber eine klassische „Tortilla de Patatas“ ist das dann natürlich nicht.

Ziemlich wenig

Übrigens werden sie manchmal auch „Tortilla española“ genannt, was daran liegt, dass die armen Südfranzosen sich wohl nicht einmal Kartoffeln leisten konnten und ihr Omelett nur aus (confierten) Zwiebeln und Eiern aufbauten. Diese Variante trägt ganz pragmatisch den Namen „Tortilla francesa“, also französische Tortilla, und sollte auf keinen Fall mit ihrer spanischen Cousine zweiten Grades verwechselt werden.

Ziemlich anders

Nicht zu verwechseln ist die spanische Tortilla auch mit dem gleichnamigen mexikanischen bzw. texanischen bzw. Tex-Mex-Fladenbrot, das aus Mais- oder Weizenmehl besteht und auf einer heißen Platte ausgebacken wird. Je nach Rezeptur kann das Ergebnis knackig-knusprig ausfallen oder weich und vergleichsweise saftig. Die knusprigen Tortillas eignen sich eher zum Belegen, während sich die weichen auch zu Tacos rollen lassen, die man bestens befüllen kann und die ziemlich gut aus der Hand gegessen werden können.

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