Shiitake

Warum heißt der Shiitake in Japan eigentlich so und was ist daran so überzeugend? Wie haben ihn die Chinesen genannt und wieso? Was macht ihn denn nun so besonders? Ist er wirklich eine exklusive Edel-Delikatesse? Warum ist er auf der ganzen Welt so beliebt? Wie und wo kommen Aminosäuren ins Spiel? Was bedeutet eigentlich umami – und was hat das Ganze mit Algen zu tun?

Warum denn nur?

Seit ewig und drei Tagen sind wir Menschen ganz verrückt nach diesem einmalig bereichernden und befriedigenden Geschmack und haben uns wirklich eine ganze Menge einfallen lassen, seiner irgendwie habhaft zu werden. Schon 500 vor Christus beschrieb ein gewisser Konfuzius in China die Fermentation von Fleisch, Getreide, Salzwasser und Alkohol, ein paar Jahrhunderte später rückte Soja in den Fokus. 200 vor Christus nahmen sich die antiken Römer der Sache an und entwickelten aus fermentiertem Fisch ihr unverzichtbares Garum.

Irgendwann im 15. Jahrhundert dann kam – sozusagen im Sog der Römer – Südostasien mehr oder weniger auf dieselbe Idee und stellte zum ersten Mal im großen Stil die auch heute noch allgegenwärtige Fischsoße her. Hoisin-, Soja-, Austernsoße – alle diese Produkte dienten allein dem Zweck, diesen wahnsinnig interessanten Geschmack allgegenwärtig verfügbar zu machen. Bei uns dauerte das noch ein bisschen, aber irgendwann Ende des 19. Jahrhunderts hatte auch Mitteleuropa sein Lieblingsprodukt, das auch heute noch in jeder Küche steht: Maggi.

Seltsam, oder? Alle Welt wollte es und irgendwie wussten wir nur, DASS es lecker und begehrenswert war, hatten aber einfach überhaupt keine Ahnung, WARUM.

Reine Geschmackssache

Und das ist auch kein Wunder, denn an dieser Stelle hilft wirklich nur die moderne Wissenschaft in Form der Biochemie weiter – und diese Disziplin ist ja wahrlich noch jung.

Sie ahnen es längst: Es geht um „umami“, die berühmte fünfte Sinnesqualität in der gustatorischen Wahrnehmung (die vier anderen sind süß, sauer, salzig und scharf). Und ohne Ihnen jetzt mit den molekularen Details dieses Wundermittels den letzten Nerv rauben zu wollen, halten wir einfach mal fest, dass es auf unserer Zunge Nervenzellen gibt, die auf spezielle chemische Verbindungen reagieren und auf andere eben nicht.

Anders gesagt: Essen wir etwas Süßes, melden genau diejenigen Rezeptoren, die nur Zucker „können“, dem Gehirn, dass dieser Stoff sich aktuell im oberen Verdauungstrakt – also im Mund – befindet. Um den Rest kümmert sich dann das Gehirn.

So weit, so gut. Logisch, dass die gleichzeitige Meldung der verschiedenen Rezeptoren auf unserer Zunge – süß, sauer, salzig und scharf – das ist, was wir in Summe „Geschmack“ nennen und was uns ziemlich wichtig ist.

Genial geregelt

Aber warum umami? Das ist mal wieder so ein Moment, wo man den Hut vor Mutter Natur gar nicht tief genug ziehen kann, denn was sie sich hier ausgedacht hat, das ist schon wirklich sensationell. Die natürlicherweise vorkommende Glutaminsäure, eine Aminosäure, ist nämlich ein ganz wesentlicher Bestandteil der für uns absolut lebensnotwendigen Proteine, die wir weitestgehend durch unsere Nahrung aufnehmen (müssen): Viele oder zumindest ausreichende Proteine und wir sind schon ziemlich gut ernährt. Kann unser Geschmackssinn also zuverlässig eine hohe Proteinmenge in einer Nahrungsquelle diagnostizieren, dann sind wir auf einem sehr guten Weg, was unsere Ernährung angeht und somit den Fortbestand der Art gewährleistet.

Schon genetisch kommen wir aus der Nummer also gar nicht mehr raus, dass unsere Rezeptoren anspringen, die auf Glutaminsäure und ihre Salze ausgerichtet sind, also auf das berühmte Natriumglutamat, weil da das beste Essen winkt.

Und Glutamat kann noch mehr: Zum einen nämlich regt es den Appetit an, was gut ist, damit wir schön viel vom Protein zu uns nehmen, andererseits aber stoppt es zuverlässig das Hungergefühl, wenn wir eine gewisse Menge davon gegessen haben, was man durchaus als einen sehr cleveren Mechanismus bezeichnen kann.

Und wissen Sie noch was (und auch das ist total logisch, wenn man dieses Prinzip mal begriffen hat)? In der menschlichen Muttermilch ist Glutaminsäure die am häufigsten vorkommende Aminosäure – das Baby soll so viel und in genau dem Maß von diesem proteinreichen Zaubertrank zu sich nehmen, dass es perfekt gedeiht.

Die Essenz des Geschmacks

Halten wir also für den Moment fest, dass Natriumglutamat überhaupt nichts Schlimmes oder gar Gesundheitsschädliches ist (lassen Sie sich da nichts erzählen!), dass wir sozusagen genetisch auf umami programmiert sind und dass uns so ziemlich alles ein bisschen besser schmeckt, wenn Glutamat ins Spiel kommt (am besten „wirkt“ es übrigens in der Tat in Verbindung mit proteinhaltigen Speisen, was uns ab sofort nicht mehr wundern sollte).

Jetzt – und nur der Vollständigkeit halber – noch ein kurzer Sprung nach Japan, genauer gesagt ins Jahr 1907 und 1908 und nach Tokio. Hier machte sich ein Chemieprofessor mit dem klangvollen Namen Ikeda Kikunae daran und entdeckte 1907 zunächst den fünften Geschmackssinn, den er umami – aus umai für „köstlich“ und mi für „Geschmack“ – nannte. Ein Jahr später extrahierte er aus Seetang kristallines Mononatriumglutamat, das er auch recht zügig in den Handel brachte (unter dem Handelsnamen „Aji-no-moto“, was „Essenz des Geschmacks“ bedeutet). Der Rest ist Geschichte, heute ist Natriumglutamat aus praktisch keiner Küche der Welt mehr wegzudenken. Und nicht vergessen: Auch in Soja-, Fisch-, Austern- und Hoisin-Soßen ebenso wie im Maggi finden Sie jede Menge des „Geschmacksverstärkers“ …

Jetzt endlich der Pilz

Alles das wissend, wird sofort vollkommen klar, warum es ausgerechnet der Shiitake-Pilz ist, den wir so lecker, so bereichernd, so angenehm und so „dunkel im Geschmack“ finden: Er enthält natürlicherweise einen recht hohen Anteil an Natriumglutamat, was unsere Geschmacksrezeptoren jubeln lässt und unser Gehirn glücklich macht. Darüber hinaus duftet er ganz wunderbar und wird durch sein festes Fleisch zu einem wahren Allrounder in der Küche, der sich für so ziemlich jede Zubereitungsweise hervorragend eignet.

Und das muss man den Japanern ja wirklich lassen – in Sachen Klarheit und Minimalismus macht ihnen so leicht keiner was vor: In Japan fühlt sich der Pasania-Baum pudelwohl, den wir auch als Scheinkastanie kennen und der in Japan schlicht „shii“ genannt wird. Und wenn man jetzt weiß, dass Pilz auf Japanisch „take“ bedeutet, dann bedarf es keiner weiteren Erklärung.

In China funktioniert die Namensgebung ein bisschen anders, hier wird er dōnggū oder xiānggū genannt, was mit „Pilz des Winters“ oder „duftender Pilz“ übersetzt werden kann und was sich auf den feinen, pilzigen Wohlgeruch bezieht, den er im frischen bzw. insbesondere im getrockneten Zustand verströmt.

Weltbürger Shiitake

Was viele nicht wissen, ist, dass der Shiitake nach dem Champignon der meistkultivierte Pilz überhaupt auf der Welt ist; in Ostasien steht er sogar an erster Stelle. Wenn Sie also meinen, Sie hätten mit dem Shiitake eine exklusive exotische Delikatesse entdeckt, dann müssen wir Sie leider enttäuschen – es sei denn, Sie kommen auf sehr speziellen Wegen an Shiitake, die tatsächlich frei geerntet wurden und wirklich auch an ihrem Shii gewachsen sind: Huāgū sind sündhaft teuer, aber auch entsprechend delikat ...

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