Die vietnamesische Küche

Was einige von uns an der Thai-, an der indischen oder auch an der indonesischen Küche manchmal abschreckt, ist ihre teils apokalyptische Schärfe. In Vietnam würzen sie zwar auch gerne und reichlich, halten sich aber beim Einsatz von Chilis dann doch einigermaßen zurück. Das Ergebnis: Diese Küche, die Einflüsse aus China, Frankreich, Indien und Südostasien insgesamt auf das Schönste verbindet, ist einfach nur wunderbar.

Sie wollen es genauer wissen?

Die jüngere Geschichte Vietnams ist nicht nur ziemlich bewegt und durchaus interessant, sie spiegelt sich – ebenso wie die besondere geografische Lage – auch sehr stark in der entsprechenden Landesküche wider. In unserem Artikel zum Thema Bánh Mì befassen wir uns vor allem mit der französischen Kolonialzeit in Vietnam bzw. in Indochina; wenn Sie also noch etwas tiefer in die Materie eintauchen möchten – gerade auch im Hinblick auf die Kulinarik des Landes –, dann erfahren Sie dort mehr zum Thema.

Reich und schön und gut

Auf jeden Fall gilt die vietnamesische Küche als ausgesprochen vielfältig, interessant und nicht zuletzt auch ziemlich gesund, was unter anderem sicher auch daran liegt, dass hier sehr viel Gemüse und Reis und vergleichsweise wenig Fleisch zubereitet wird.

Ganz grundsätzlich kann man vielleicht sagen, dass Gerichte aus dem Süden des Landes eher scharf und besonders würzig kommen (und auch mit recht vielen verschiedenen Gewürzen aufwarten – Indien lässt grüßen!) und dass es im Norden eher nicht so feurig wird, was der geschmacklichen Vielfalt allerdings keinen Abbruch tut. Klar, dass das Warenangebot in und rund um die großen Metropolen Hanoi im Norden und Ho-Chi-Minh-Stadt im Süden deutlich größer ausfällt als in den eher abgelegenen ländlichen Gebieten, wo sie nun mal mit dem zurechtzukommen haben, was die Natur vor Ort so hergibt (was im Übrigen zu einer ganz besonderen Küche geführt hat, weil hier schlicht das gegessen wird, was als protein- und fetthaltig gilt, wozu auch Insekten, Reptilien, alle möglichen Säugetiere, Wirbellose und ausgefallenste Meeresfrüchte zählen).

Ausgesprochen gesund

Allem voran gibt es in der vietnamesischen Küche aber das landestypische „Dreigestirn“ der Ernährung, nämlich Reis, Gemüse und die unverzichtbare und von kaum einem Gericht wegzudenkende „Nuoc Nam“, also die vietnamesische Fischsoße, die noch deutlich häufiger zum Einsatz kommt als die ansonsten ebenfalls sehr populäre Sojasoße.

Rind und Schwein wird in Vietnam zwar gerne gegessen, aber keineswegs in den rauen Mengen, wie wir das in Europa tun – vielmehr ist Fleisch eher als eine herrlich gewürzte und überaus köstliche Beilage zu Reis, verschiedenen Dips und eben Gemüse zu verstehen. Geflügel und Meeresfrüchte werden zwar in größeren Mengen zubereitet und verzehrt (zumindest da, wo das Meer nah ist), aber auch hier ist es immer eher der Reis, der sättigt.

Rind? Höchstens mal als Brühe …

Rindfleisch zum Beispiel ist überhaupt kein Original-Bestandteil der typischen vietnamesischen Küche. Klar, wenn ein Wasserbüffel endgültig zu alt war, um noch in irgendeiner Weise für landwirtschaftliche Arbeiten herangezogen zu werden, dann wurde er schon geschlachtet und aufgegessen – als sozusagen alltägliche Proteinquelle kam Rind aber überhaupt nicht infrage, weil es dazu einfach viel zu wertvoll war.

Das änderte sich erst mit den französischen Kolonialherren, die nicht auf ihr Rindfleisch verzichten wollten und gegen Ende des 19. Jahrhunderts jede Woche ein paar Hundert Kühe aus Kambodscha importierten. War das Fleisch dann schließlich in Pfanne oder Kochtopf gelandet, blieben nur die Knochen und Fleischabfälle übrig, die zu Schleuderpreisen abverkauft wurden und die die historisch verbriefte Grundlage dafür bildeten, dass die weltberühmte „Phở“, eine klare Rindersuppe auf Basis von Knochen und Restfleisch mit Reisnudeln, irgendwann zu einem der Nationalgerichte Vietnams avancierte.

Green is beautiful

Koriandergrün, Lauch, Basilikum, Dill, Kresse, Schnittlauch, Minze, Gurke, Pak Choi, Spinat, Spargel, Limetten, grüne Chilis: Die berühmten „Green Vegetables“ sind nicht nur in Asien allgemein, sondern in Vietnam ganz besonders angesagt. Natürlich erfreuen sich auch Ingwer, Knoblauch, Karotten, Paprikas, Kokos und Chilis ganz allgemein großer Beliebtheit, aber ohne die „Great Greens“ geht hier so gut wie nichts. Übrigens sind auch Artischocken und Tomaten recht beliebt – ein weiteres Erbe der französischen Kolonialisten …

Ohne Reis geht gar nichts

Reis, gebrochener Reis, Reisnudeln, Reiskekse, Reismehl, Reispapier – ohne Reis geht nichts in Vietnam. Nehmen wir deshalb schnell mal die berühmten Röllchen aus Reispapier ins Visier, die so typisch für die Landesküche und wirklich vielfältig einsetzbar sind:

Die kalten Rollen mit rohen Zutaten werden Glücksrollen oder Sommerrollen genannt (eine beliebte Variation mit rohen Zutaten ist eine Mischung aus frischen Möhrenstiften, Reisnudeln, Mango, Minze, Limette und Sesamöl, abgeschmeckt mit Nuoc Nam – mit Shrimps oder Garnelen nennt man das Goi Cuón Tôm Thit oder auch Nem Cuón Tôm). Mit gedämpften Zutaten gefüllt lautet ihr Name Mandarinrollen und im Ganzen frittiert ergeben die Zutaten mit dem Reispapier die klassischen Frühlingsrollen, die im Norden „Nem Ran“ und im Süden „Cha Gio“ heißen.

Auf der Straße bekommt man die Rollen mehr oder weniger fertig auf die Hand, wenn man sich aber zum gemeinsamen Essen hinsetzt, dann steht die Tafel voller verschiedener Schälchen, in denen sich alle möglichen Zutaten befinden. Erst bei Tisch baut sich jeder Gast seine persönlichen Favoriten zusammen und umwickelt sie zum Abschluss mit dem Reispapier. Diese hübsche Tradition betont ausdrücklich den Stellenwert von Essen, das sehr stark auch als gesellschaftliches Geschehen verstanden wird (und zu verstehen ist).

Kleine Vokabelkunde

Hier kommen ein paar sehr typische vietnamesische Gerichte, die keineswegs (!) als vollständige Auflistung zu verstehen sind:

Bánh Mì – das haben wir weiter oben bereits erwähnt (evtl. nochmal verlinken?). Die beiden häufigsten und beliebtesten Varianten sind Op La und Thit. Op La kommt mit gebratenem Ei bzw. Omelette, wohingegen Thit mit verschiedenen Sorten Fleisch und Pastete gefüllt ist.

Phở, Pho (was man übrigens wie „Faa“ ausspricht) – wird in einer Schüssel gereicht und enthält neben einer kräftigen klaren Brühe, meist aus Rinderknochen, Reisnudeln und traditionellerweise dünne Scheiben Rindfleisch (Phở Bò; Phở Tái, wenn das Fleisch erst in der Schüssel gar zieht, weil es mit der kochend heißen Brühe übergossen wird) oder Hühnerfleisch (Phở Gà). Weitere Zutaten sind Zwiebel- oder Lauchringe, Koriandergrün, Minze, Limetten, Chilis in Scheiben sowie Pfeffer, Koriandersamen, Zimt, Kardamom, Sternanis und Fischsoße. In Südvietnam werden auch vietnamesisches Basilikum und Mungbohnenkeime angeboten. Die Zutaten werden meist gesondert auf Tellern gereicht, damit sich jeder seine Suppe nach Belieben anreichern und würzen kann (beim Straßenverkauf allerdings wird die Suppe nach Kundenwunsch „konfektioniert“ und in einer Schale ausgegeben).

Stichwort Straßenverkauf: Weil Phở in Vietnam vor allem als deftig-kräftiges Frühstück genossen wird, öffnen die entsprechenden Stände sehr oft schon im Morgengrauen und schließen bereits am Vormittag wieder. In der gehobeneren Gastronomie dagegen wird die köstliche Nudelsuppe ganztägig serviert.

Com Tam bedeutet übersetzt so viel wie gebrochener, gekochter Reis, auf dem ein gegrilltes Stück vom Schwein liegt. Der gebrochene Reis ist ganz klar die Hauptzutat – das ist Reis, der beim Mahlen gebrochen ist und somit als etwas minderwertiger gilt; eigentlich eine ganz einfache Beschreibung. In Ho-Chi-Minh-Stadt wird Com Tam oft als Frühstück gegessen.

Bun Cha – kleine gegrillte Frikadellen und Bauchfleisch vom Schwein, mit einer Soße aus Fischsoße, Limette und Zucker serviert. Die Soße wird oft zusätzlich noch mit grüner Papaya und Karotte verfeinert. Dazu serviert man Salat, frische Kräuter und vietnamesische Reisnudeln.

Bun Bo Nam Bo – mit Zitronengras mariniertes (Rind-)Fleisch wird scharf angebraten und auf einem Bett aus vietnamesischen Reisnudeln, Salatgemüsen und Kräutern serviert.

Banh Xeo – ein vietnamesischer Pfannkuchen, der auch vietnamesische Crêpe genannt wird. Es gibt verschiedene Varianten der Zubereitung, sodass Banh Xeo sehr weich oder auch sehr knusprig serviert wird. Zubereitet wird er mit Eiern, Reismehl, Wasser und Kokosmilch und kommt mit einer Füllung aus verschiedenen Gemüsearten, Fleisch und/oder Garnelen. In Restaurants wird die kleine Köstlichkeit oft als Vorspeise angeboten.

Banh Cuon Nong – gedünstete und gerollte Reispfannkuchen. Die Füllung besteht aus Fleisch und teilweise Reisnudeln. Dazu wird Salat aus grünen Gemüsen und Pastete bzw. Wurst vom Schwein gereicht.

Com Heo Quay Xao Cai Chua – eins der unzähligen Reisgerichte Vietnams. Der Reis wird mit gebratenem bzw. geröstetem, sehr zartem Schweinefleisch in sauer eingelegtem Kohl serviert.

Com Thit Kho Tieu – wird oft als „Reis mit Schwein und Pfeffer“ beschrieben. Es schmeckt ähnlich wie das oben schon erwähnte Frühstücksgericht Com Tam. Das Fleisch ist sehr zart und in einer Art Pfeffersoße gegart. Der Reis ist im Unterschied zum Com Tam nicht gebrochen und gilt entsprechend als höherwertig.

Früchte und Obst – beliebte Früchte sind Jackfrucht, Mangostane, Sauersack, Longiane, Durian, Guave, Litschi, Drachenfrucht und Kokosnuss, auch gezuckerte Gemüse sind durchaus üblich. Im ländlichen Bereich werden viele Beeren- und Baumfrüchte genossen, die in Europa gänzlich unbekannt sind. Manche Obstsorten, zum Beispiel die Mango, werden gern unreif mit etwas Salz verspeist oder in Salzwasser eingelegt.

Trà, Tee – ist allgegenwärtig und deckt (neben den zahllosen Suppenrezepten) einen Großteil des im tropischen Klima benötigten Flüssigkeitsbedarfs der Menschen ab. (Mineral-)Wasser spielt eine vernachlässigbare Rolle und auch Trinkwasserbrunnen sind weitestgehend unbekannt. Tee gibt es überall in unbegrenzter Menge, von Straßengeschäften über Einkaufsläden bis zu staatlichen Behörden. Im häuslichen Bereich bekommt der Gast traditionellerweise immer eine Tasse grünen Tee und es gilt als unhöflich, nicht wenigstens einen Schluck hiervon zu trinken. Die Schale wird immer wieder aufgefüllt, es wird jedoch nicht zwingend erwartet, alles Ausgeschenkte zu trinken. In Restaurants wird grüner Tee gratis serviert, aufgrund des Klimas immer kalt.

Cà phê – Kaffee wird in Vietnam viel getrunken; Vietnam ist mittlerweile der zweitgrößte Kaffeeproduzent der Welt. Der verwendete Kaffee weicht aufgrund eines besonderen Herstellungsverfahrens deutlich vom europäischen Geschmack ab, hat ein kakaoähnliches Aroma und wird in verschiedenen Qualitätsstufen gehandelt. Zum Kaffee (der immens stark ausfallen kann) wird oft Tee serviert. Die Darreichung kann gewählt werden – heiß oder kalt und mit oder ohne Milch (mit der eine ziemlich süße Kondensmilch gemeint ist): Cà phê đen nóng – heißer schwarzer Kaffee oder Cà phê sữa đá – Kaffee mit Milch „on the rocks“.

Chanh muối – eine salzige Limonade, die aus in Salz und Wasser eingelegten Limetten hergestellt und mit Wasser aufgegossen wird.

Bia, Bier – wird unter Lizenz ausländischer Braukonzerne gebraut. Es gibt aber auch vietnamesische Eigenmarken, deren Geschmack sehr typisch ist. Die lokalen Biersorten, beispielsweise „Ba Ba Ba (333)“, werden auf Basis von Reis gebraut.

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