Robert Radisch im Interview: Nonfood-Artikel eines C&C Vollsortimenters

Warum ist seine Verkaufsfläche dermaßen riesig? Wer braucht plötzlich 32 TV-Geräte? Gibt es die auch zum Mitnehmen? Was, wenn ein Großküchengerät mal nicht auf Lager ist? Was macht einen guten C&C-Vollsortimenter aus? Seit wann werden Smartphones von Spülmaschinen getoppt? Warum muss man jeden Tag so viele Gespräche führen? Und was ist denn nun wirklich mal geil?

Fluch und Segen

Handelshof: Herr Radisch, wie viel Verkaufsfläche steht Ihnen für Ihre Ware beim Handelshof insgesamt zur Verfügung?

Robert Radisch: Uff – in allen Märkten zusammen?

HH: Wenn Ihnen das leichter fällt …

RR: Ja, weil nicht alle Märkte gleich groß sind.

HH: Dann alles zusammen.

RR: Ungefähr 40.000 Quadratmeter.

HH: Das ist ja nur ein bisschen mehr als mein Vorgarten …

RR (schmunzelt): Ja, aber nur ein bisschen.

HH: Und wahrscheinlich ist da die Lagerfläche noch gar nicht dabei, oder?

RR: Nein, die käme noch mal obendrauf.

HH: Wir reden hier also im Schnitt über 2.500 Quadratmeter pro Markt. Das ist ja eine riesige Fläche!

RR: Ja, aber wir brauchen auch so viel Platz.

HH: Warum eigentlich? Ich meine, klar haben Sie wahrscheinlich 22 verschiedene Bügeleisen, 12 Fernseher und 39 Stabmixer. Aber 2.500? Und dann auch noch in Regalen übereinander …

RR: Das kommt dabei raus, wenn man einen C&C-Vollsortimenter betreibt. Cash and carry bedeutet ja nun mal, dass Sie jeden Artikel, den wir führen, in Ihrem Markt mitnehmen können. Und damit das geht, muss eben auch alles da sein, egal, wie viel Platz das manchmal in Anspruch nimmt.

HH: Die Riesendinger auch? Profispülmaschinen, Öfen, Herde, Fritteusen und all so was?

RR: Logisch. Gerade hier müssen wir gut aufgestellt sein.

HH: Warum denn gerade hier?

RR: Weil hiermit Geld verdient wird – also nicht bei uns, sondern in der Gastronomie. Fallen die Geräte aus und können nicht schnellstmöglich wieder zum Laufen gebracht werden, dann hat der Gastroprofi unter Umständen einen enormen Umsatzverlust.

HH: Und dann kommt er bei Ihnen vorbei mit den Worten: „Die ganz große Profispülmaschine zum Mitnehmen, bitte.“

RR: Das kommt durchaus vor, ja.

HH: Nun werden Sie ja nicht zehn dieser Spülmaschinen in jedem Markt vorhalten.

RR: Nein, das wäre dann falsch disponiert.

HH: Und wenn keine im Lager ist?

RR: Bevor wir unseren Kunden mit leeren Händen wegschicken würden – wo sollte er auf die Schnelle auch Ersatz bekommen bei Profigeräten? –, würden wir ihm im Zweifel den Vorführer einpacken.

HH: Echt?

RR: Klar, ist doch besser als nichts. Kunde zufrieden, Problem gelöst. Stellen Sie sich mal vor, in einer Pommesbude würde die große Fritteuse ausfallen. Der Kollege kann dann zwar vielleicht noch Würstchen verkaufen, aber seine Hauptumsatzquelle wäre sofort weg. Eine Katastrophe, bei der man wirklich alles tun muss, was man kann.

Steckbrief

Robert Radisch, Jahrgang 1988, fühlt sich schon von klein auf sehr stark zu allem hingezogen, was Stromkabel hat. Direkt nach der Schule hat er eine kaufmännische Ausbildung beim Handelshof gemacht – zu seinem großen persönlichen Glück ausgerechnet beim Einkauf/Nonfood/Elektro. Nach Abschluss der Ausbildung arbeitete er zunächst als Assistent in der Abteilung, bevor er einen kurzen, nochmals lehrreichen Schlenker in den Einkauf Textil machen konnte. Bereits mit Mitte 20 trat er die Position als Category Manager in der Zentrale in Köln an und verantwortete den Einkauf für Elektrogeräte, Schreibwaren und Spielwaren. Seit kurzem ist er in der Leitungsposition als Ressortleiter Nonfood tätig.

In seiner Freizeit kocht er nicht nur sehr gerne sehr gut, auch regelmäßige Restaurantbesuche, bevorzugt auch in Häusern mit ein paar Sternen, sind seine große Leidenschaft. Darüber hinaus hat er noch immer nicht das Rezept für seinen ultimativ-perfekten Kaffee gefunden, aber, wie er selber sagt: “Ich hab‘ ja auch gerade erst angefangen.“

HH: Kommt es eigentlich vor, dass – sagen wir mal – ein Hotelier auftaucht und 32 mittelgroße Flachbildschirme haben möchte?

RR: Mit Hotelfunktion? Und 32 moderne VoIP-Telefone noch dazu? Ja, das ist absolutes Tagesgeschäft.

HH: Und Sie wollen mir hier erzählen, dass Sie das alles vorrätig haben?!

RR: Also, wenn wir gerade eine entsprechende Aktion fahren, dann ganz bestimmt. Solche Warennachfragen werden auch meist durch Aktionen ausgelöst. Aber wenn der Kunde auf Nummer sicher gehen will: Anruf genügt und am nächsten Tag liegt die Ware für ihn bereit.

HH: So schnell?

RR (schmunzelt): Na ja, wir sind schließlich Vollsortimenter und nicht Wartesortimenter …

HH: Wissen Sie, was ich gerade mal nicht verstehe?

RR: Was denn nicht?

HH: Der Handelshof hat insgesamt 80.000 Artikel gelistet.

RR: Was ist denn daran nicht zu verstehen?

HH: Dass Sie mir erzählt haben, dass Sie alleine schon 300.000 aktive Artikel haben.

RR: Ach so. Das ist nur, weil wir anders zählen.

HH: Ach ja? Inwiefern kann man denn anders zählen?

RR: Beispiel: Stabilo Fineliner.

HH: Das sind die dünnen Stifte mit dem gelbweißen Griff.

RR: Genau. Der Handelshof sagt: Ja, Stabilo Fineliner haben wir. Macht eins.

HH: Und Sie?

RR: Wir sagen: Ja, Stabilo Fineliner haben wir – in 22 verschiedenen Farben und sagen wir mal drei Strichstärken. Macht 66. Zack.

HH: Kapiert. Aber schon irre, welchen Aufwand Sie betreiben.

RR: Ja, Fluch und Segen zugleich. Aber das Ganze dient ja einem guten Zweck.

HH: Charity?

RR (zwinkert): Guten Geschäften und glücklichen Kunden.

HH: Auch gut. Was listen Sie denn, mal ganz ehrlich, besonders ungerne ein?

RR (wie aus der Pistole geschossen): Handys und Laptops.

HH: Da mussten Sie nicht lange nachdenken, was? Warum denn nicht?

RR: Weil diese Gerätegattungen sich derartig schnell verändern, dass man da kaum noch mitkommt. Ein Smartphone ist ja im Grunde schneller überaltert, als Harry Potter Quidditch sagen kann. Das ist kein Markt für uns. Gut, wir haben das eine oder andere Gerät und auch ein bisschen Computertechnik – für alle Fälle sozusagen und wenn echt mal Not am Mann ist. Aber ein Geschäft ist das überhaupt nicht. Außerdem …

HH: Ja?

RR: … sind das auch keine typischen Cash-and-carry-Produkte, hier dominieren ganz klar der Onlinehandel und die großen Fachgeschäfte. Wer braucht denn schon innerhalb von 20 Minuten dringend ein neues Smartphone?

HH: So gesehen sind verschiedene Spülmaschinen in diversen Größen also wichtiger als ein Smartphone?

RR: Ganz klar, ja.

HH (zwinkert): Das erzählen Sie mal meinen Kindern …

RR: Haha – alles eine Frage der Prioritäten.

HH: Sagen Sie mal, wie dynamisch ist eigentlich der Markt bei Profigeräten?

RR: Das kommt auf den Blickwinkel an. Einerseits ist eine Küche eine Küche, da ändern sich die alltäglichen Anforderungen also kaum. Andererseits geht die Technik weiter, Materialien entwickeln sich und natürlich spielen auch die Betriebskosten eine nicht ganz unwichtige Rolle.

HH: Energieeffizienz?

RR: Zum Beispiel, ja. Da tut sich zum Glück eine ganze Menge. Und wenn so eine Profiküche 12 bis 16 Stunden unter Volllast läuft, dann macht es sich schon bemerkbar, ob man mit einem 15 Jahre alten E-Herd arbeitet oder mit einem brandneuen.

HH: Wie bleiben Sie da auf dem Laufenden? Ich meine, einmal im Jahr auf die Messe zu gehen reicht doch sicher nicht aus.

RR: Auf keinen Fall würde das reichen! Ich rede mit Lieferanten und auch mit denen, die noch welche werden wollen, mit den Herstellern selbst und so weiter.

HH: Oft?

RR: So gut wie jeden Tag, oft mehrere Stunden.

HH: Nicht Ihr Ernst!

RR: Doch. Es ist wirklich extrem wichtig, auf dem Laufenden zu sein. Meine Gesprächspartner bringen mir die Infos quasi ins Haus, wir diskutieren, verhandeln, planen zukünftige Aktionen und versuchen, Trends zu erkennen und Märkte zu lesen.

HH: Heißt?

RR: Voll-gut-Sortimenter sticht Voll-alt-Sortimenter. Technisch müssen wir auf jeden Fall immer vorne mitspielen. Und jetzt verrate ich Ihnen mal ein Geheimnis.

HH: Huu …

RR: Ob Sie es glauben oder nicht: Unseren Gastroprofis sind die Qualität, die Ausstattung, die Standzeiten, unser Service und die schnelle Verfügbarkeit oft wichtiger als der Preis. Die kaufen lieber einmal was Richtiges und legen ein paar Scheine drauf, als für 150 Euro weniger auf irgendwas davon zu verzichten. Bei denen heißt es „geil ist geil“. Nicht Geiz.

HH: Schön gesagt.

RR: Wobei hier die Qualität der Geräte gemeint ist.

HH: Haha, schon klar, Herr Radisch.

 

Interview und Redaktion: Joachim van Moll

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