Lebkuchen

Asien, Amerika, Europa, Afrika: Das, was wir manchmal ein bisschen respektlos schlicht „Lebkuchengewürz“ nennen, bedient sich bei seinen Einzelzutaten so ziemlich überall auf der Welt, und gerade diese Mischung macht den Lebkuchen so besonders und köstlich. Aber warum heißt er, wie er heißt? Wieso sind manche Lebkuchen butterweich und andere bretthart? Und was hat das Ganze mit Pfeffer zu tun?

Der Name sagt schon fast alles

Wir kennen ihn als Lebkuchen, Honigkuchen, Pfefferkuchen, Gewürzkuchen oder Printe und jeder dieser Begriffe lässt ziemlich deutliche Rückschlüsse darauf zu, was den Lebkuchen (wir bleiben im Folgenden bei diesem Begriff, um niemanden unnötig zu verwirren) im Grunde so ausmacht.

Da ist zum einen die Sache mit dem „Leb“: Mit Labsal, Leben, Gesundheit oder sonstigen positiven Attributen hat es zwar leider nichts zu tun, aber es gibt uns immerhin eine gewisse optische Beschreibung mit auf den Weg. „Leb“ stammt wahrscheinlich vom lateinischen „libum“, was schlicht „Fladen“ bedeutet. Möglicherweise entwickelte sich hieraus später dann „Leip“ und dann „Laib“, was sich zu „Leb“ abmilderte. Und so ist die Form eigentlich schon ganz gut beschrieben, weil wir hier von einem flachen, relativ kleinen Gebäckstück sprechen.

Honig spielt eine Rolle bei der Namensgebung, weil Lebkuchen natürlich ziemlich süß sind und weil zu der Zeit, wo sie in unseren Breiten populär wurden – also irgendwann ab dem 13. Jahrhundert –, Honig mehr oder weniger das einzige Süßungsmittel war, das einigermaßen zuverlässig zur Verfügung stand. (Übrigens kannten schon die alten Ägypter Kuchen mit Honig und die Römer liebten ihren „panis mellitus“, also Kuchen, der vor dem Backen mit Honig bestrichen wurde.) Zucker kam erst viel später auf die Märkte und war zunächst geradezu unanständig teuer, und bis zum Industriezucker dauerte es noch mal ein paar Hundert Jahre.

Die Sache mit dem Pfeffer ist interessant, weil es in Wahrheit überhaupt nur eine einzige Variante von Lebkuchen gibt, bei der (weißer) Pfeffer zum Einsatz kommt, nämlich Pfeffernüsse. Alle anderen Rezepte und Varianten verzichten vollkommen auf Pfeffer. Jedenfalls ist das aus heutiger Sicht so, weil wir inzwischen ganz genau wissen, welches Gewürz sich hinter dem Begriff verbirgt, und entsprechend trennscharf mit dem Wort umgehen können. Im Mittelalter dagegen wurde unter „Pfeffer“ so ziemlich alles verstanden, was besonders würzig war und aus fernen Ländern stammte. Zimt, Anis, Ingwer (Gingerbread, die britannische Variante), Kardamom, Koriander und später auch Piment galten als höchst exotisch, waren entsprechend teuer – und hatten allgemein erst mal keine so ganz zutreffenden Einzelnamen. Man nannte sie allesamt „Pfeffer“.

Womit wir schon beim „Gewürzkuchen“ wären. Gerade die besondere Dichte an intensiv schmeckenden Gewürzen machte und macht einen guten Lebkuchen aus und die quasi obligatorischen Zutaten Anis, Fenchel, Ingwer, Kardamom, Koriander, Macis (Muskatblüte), Muskat, Nelke, Piment und Zimt kommen in praktisch jedem Lebkuchenrezept zum Einsatz (wenn auch in abweichenden Mengenverhältnissen, das ist dann eher Geschmackssache oder eine Frage der jeweiligen Tradition).

Die weltweit berühmten (Aachener) Printen unterschieden sich von den bis dahin populäreren Lebkuchen vor allem dadurch, dass sie noch flacher ausfielen und durch die Beschaffenheit ihres Grundteiges sehr gut dazu geeignet waren, sie mehr oder weniger mit Gewalt in teils kunstvoll ausgearbeitete Motivformen zu pressen. Und dieses Pressen ist namensgebend, sehr eng mit dem holländischen „prent“ und natürlich dem englischen „print“ verwandt, die für „Werkzeug zum Drücken“ oder schlicht „Abdruck“ stehen. Übrigens sei bei dieser Gelegenheit darauf hingewiesen, dass die nicht minder beliebten Spekulatius keine Lebkuchen sind. Sie schmecken zwar auch sehr süß und kommen wohlgeformt und mit hübschen Motiven, ihr Teig ist allerdings ein Mürbeteig, wie Sie in unserem Weihnachtsgebäck-Text lesen können.

Also los

Was uns direkt zum Teig bringt bzw. zu den beiden Teigen, denn je nachdem, was man am Ende in den Händen bzw. im Mund haben möchte, unterscheidet man grundsätzlich zwei Varianten (die dann regional in zahllosen Einzelrezepten aufgehen).

Grundsätzlich enthalten alle Lebkuchen viel Süßungsmittel (traditionell Honig, häufig Zuckerrübensirup und oft auch Invertzucker, also industriell hergestellten Kunsthonig). Hinzu kommen – neben dem fast obligatorischen Mehl – oft noch Eier, während Wasser, Milch und Fett wenig bis überhaupt nicht verwendet werden. Das Ganze ist dann gerade noch so knetbar. Die Gewürze und das Backtriebmittel kommen erst unmittelbar vor dem Backen in den Teig.

Lebkuchen-Sorten auf einen Blick ...

Brauner Lebkuchen

Kein Wunder, dass der Grundteig für einen klassischen braunen Lebkuchen eine alles andere als einfach zu bearbeitende Masse war und ist. In der Backstube der auf ihre Herstellung spezialisierten Bäcker (Lebküchler, Pfefferküchler, Lebzelter, Lebküchner) standen oft sogenannte Brechbanken, die vor allem eine sehr große und schwere Schneideklinge hatten, mit deren Hilfe man den Grundteig in Stücke schnitt. Danach half dann aber alles nichts und der Teig musste bis zur Backreife mit den Händen gewirkt werden – eine äußerst schweißtreibende Angelegenheit.

Weil eine Grundmasse mit derart heftigen Eigenschaften natürlich trotzdem irgendwie dazu gebracht werden muss, aufzugehen, kamen (und kommen) drei Methoden gleichzeitig zur Anwendung:

A. Das verwendete Mehl enthält besonders wenig Gluten, damit sich die Krume gut ausbilden kann, ohne dass der „Klebstoff“ alles zu sehr zusammenhält.

B. Man lässt den Teig über Tage, Wochen und manchmal auch über Monate hinweg gut gekühlt ruhen, sodass sich die natürlicherweise im Mehl befindlichen Milchsäurebakterien an den Zucker heranmachen können und ihn allmählich abbauen. Diese Geduldsprobe zahlt sich doppelt aus, zum einen, weil sich hierdurch das Aroma sehr deutlich verbessert.

C. Die „chemische Lockerung“ erfolgt durch Pottasche oder – moderner – Backpulver bzw. Natron und beide, also Pottasche und Natron, „funktionieren“ ebenfalls nur dann, wenn das Umgebungsmilieu sauer ist.

Der Rest ist fast schon ein bisschen egal: Wünscht man den Teig weich, dann lagert man ihn bei um die 60 bis 70 % Luftfeuchtigkeit und moderaten Temperaturen. Will man, dass er hart und nahezu unendlich haltbar bleibt, so dörrt man ihn bei nicht allzu hohen Temperaturen vollständig aus und entzieht ihm auch noch das letzte bisschen Feuchtigkeit. Zusammen mit dem enthaltenen Zucker macht es die Trockenheit Pilzen und Bakterien quasi unmöglich, hier irgendwie ans Werk zu gehen.

Braune Varianten

Printen: rechteckige, flache Lebkuchen mit Kandisstückchen, erhältlich als Hart- und Weichprinten. Besonders bekannt (und namentlich geschützt) sind die Aachener Printen.

Frühstückskuchen, „Honigbrot“: in der Kastenform gebackene, hohe, lockere Laibe, zum Teil mit Kandis belegt, vor allem aus Holland bekannt (niederländisch ontbijtkoek).

Dominosteine: eine Süßigkeit, die als „Schichtpraline“ mit Gelee und Marzipan (oder Persipan) auf Lebkuchenboden vermarktet wird.

Basler Läckerli: ein geschnittener Lebkuchen vom Blech mit kandierten Früchten und meist besonders typischer Zuckerglasur.

Liegnitzer Bombe: kleiner, runder Lebkuchen mit Frucht-Marzipan-Füllung und Schokoladenglasur.

St. Galler und Appenzeller Biber: weiche, saftige Lebkuchenteilchen mit Marzipanfüllung.

Pulsnitzer Pfefferkuchen: handwerklich und traditionell hergestellter Lebkuchen mit extrem langer Teigführung und oft mit Konfitüre gefüllt (Pulsnitzer Spitzen).

 

Oblatenlebkuchen

Im Unterschied zu den braunen Lebkuchen mit ihrem extrem festen und dichten Teig entstehen Oblatenlebkuchen aus einer dressierfähigen (also sehr leicht formbaren) Masse, die zum größten Teil aus Zucker und mehr oder weniger stark zerkleinerten Mandeln, Hasel- oder Walnüssen (oder anderen Ölsamen, Marzipanrohmasse oder anderen entsprechenden Rohmassen) besteht.

Mehl und Stärke machen dagegen den deutlich kleineren Anteil aus; je geringer der Mehlanteil, desto hochwertiger der Lebkuchen. Das verwendete Mehl sollte wie bei braunen Lebkuchen kleberschwach sein, also möglichst wenig Gluten enthalten. Die Zugabe von Stärke dient genau dem Zweck, den Klebereiweißanteil nochmals deutlich zu verringern. Dazu kommen in kleinerer Menge Eier und auf Wasser und Speisefett wird noch konsequenter verzichtet als beim braunen Lebkuchen, wenn das überhaupt geht.

Man kann Oblatenlebkuchen zwar auch ganz oder teilweise mit Honig, Sirup oder Kunsthonig süßen, im Gegensatz zum braunen Lebkuchen ist das aber unnötig: Durch den geringeren Mehlanteil und die ölreichen Mandeln und Nüsse wird die Krume auch dann nicht hart, wenn man vorwiegend Kristallzucker zugibt, was denn auch meistens so gemacht wird.

Die fertige Masse portioniert man mit dem Spritzbeutel oder anderweitig auf Oblaten und backt die Lebkuchen dann nur noch aus.

Oblatenvarianten

Oblatenlebkuchen sind im Unterschied zu ihren braunen Kollegen weniger vielfältig; man unterscheidet im Wesentlichen nur zwischen Oblatenlebkuchen und den ausschließlich rechteckigen weißen Lebkuchen mit einem recht hohen Ei-Anteil und ohne Glasur.

Darüber hinaus allerdings kennt das „Deutsche Lebensmittelbuch“ eine ganze Reihe von Unterscheidungen, die sich auf die genaue Zusammensetzung beziehen, insbesondere auf die Anteile bestimmter Ölsaaten und auf gewisse Qualitätsstufen: einfache, feine und feinste Oblatenlebkuchen, Haselnuss-, Walnuss- und Nusslebkuchen sowie Mandel-, Marzipan- und Makronenlebkuchen.

Die zu Recht berühmten und beliebten Elisenlebkuchen stehen zum Beispiel für feinste Oblatenlebkuchen – das ist die höchste Qualitätsstufe, für die das Lebensmittelbuch mindestens 25 % Mandeln, Haselnüsse oder Walnüsse, den vollständigen Verzicht auf andere Ölsaaten und einen Maximalgehalt von 10 % Mehl oder 7,5 % Stärke oder „eine entsprechende Mischung“ fordert. Eine kakaohaltige Fettglasur (Kuvertüre) ist kategorisch verboten – es muss zwingend echte Schokolade für die Glasur verwendet werden. Gut so.

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